NRW-Polizei kann Sprit nicht bezahlen
Wegen Pannen beim neuen Rechnungswesen stapeln sich unbezahlte Rechnungen – und Mahnschreiben.
DÜSSELDORF Die Polizei in NRW sieht sich einer Flut von Mahnungen ihrer Lieferanten ausgesetzt, weil sie seit Monaten die Rechnungen, etwa für den Sprit ihrer Einsatzfahrzeuge, nicht mehr pünktlich begleichen kann. Ursache ist ein nicht einwandfrei arbeitendes neues Rechnungswesen. „Als Reaktion auf den Rückstand bei der Rechnungsbearbeitung richte ich mit sofortiger Wirkung den Einsatzabschnitt Mahnungswesen ein“, heißt es von verantwortlicher Stelle des Landesamtes für zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in einem internen Schreiben an alle Polizeibehörden des Landes vom 16. März, das unserer Redaktion vorliegt. Darin ist von erheblichen Rückständen die Rede. Entsprechend hoch sei das Mahnaufkommen. Die Polizeibehörden werden aufgefordert, Mahnungen ab sofort an ein bestimmtes Postfach des LZPD zu schicken und dabei bestimmte Regeln einzuhalten.
Anfang Februar hatte das LZPD erklärt, dass es bei 25.000 Rechnungen zu Zahlungsverzögerungen gekommen sei, weil es nach der Einführung eines neuen zentralisierten Rechnungswesens Schwierigkeiten gegeben habe. „Die Flut unbearbeiteter Rechnungen haben wir nun gestoppt“, erklärte der Direktor des LZPD, Rainer Pannenbäcker. Es seien aber immer noch 23.000 Rechnungen zu bearbeiten.
So sollen zum Teil seit Monaten neben Tankrechnungen auch Werk- stattrechnungen und Mieten für Gebäude nicht beglichen worden sein. „Allein für die rückständigen Zahlungen häufen sich hohe Summen für Mahnungen und Zinsen an“, heißt es aus Polizeikreisen.
Die Polizeiarbeit leidet unter den Zahlungsrückständen. Aus weiteren internen Dokumenten geht hervor, dass eine Polizeibehörde zwei Blutprobenärzte verloren hat, weil diese nicht länger bereit waren, auf ihr Geld zu warten. In einer anderen Polizeibehörde liegen Renovierungen auf Eis. So habe man bei der Baumarktkette Obi nicht einmal mehr einen Eimer Farbe auf Rechnung bekommen, „weil da wohl noch einiges offen ist“und deshalb „selbst Obi nix mehr für die Polizei macht“, heißt es in einer Beschwer- demail. Auch die Polizisten selbst warten zum Teil seit Monaten auf die Rückerstattung ihrer Auslagen wie Reise- und Spritkosten.
Der NRW-Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete den Zustand als unhaltbar. „Das schadet dem Ansehen der Polizei. Es kann nicht sein, dass ein Land wie NRW seine Rechnungen für die Polizei nicht pünktlich zahlt“, sagte Erich Rettinghaus.
Das LZPD hatte zur Unterstützung der Rechnungsbearbeitung seit Jahresbeginn einen externen Dienstleister engagiert. „Die Firma hatte die zugesicherten Leistungen nicht eingehalten“, sagte Pannenbäcker. Deshalb habe man nun die Zusammenarbeit beendet.
Es gibt Sachen, die es eigentlich nicht geben darf. Die man so lange nicht für möglich hält, bis sie tatsächlich passieren. Und selbst dann schüttelt man noch ungläubig den Kopf und sagt sich: Das kann doch gar nicht wahr sein!
In diese Kategorie fällt der Fall der säumigen NRWPolizei, die seit Monaten ihre Lieferanten nicht mehr pünktlich bezahlt. So weit ist es schon gekommen, dass ein Baumarkt der Polizei keinen Eimer Farbe mehr auf Rechnung überlassen will, solange nicht alle Außenstände beglichen worden sind. Es ist kaum zu glauben, dass Tausende Rechnungen offen sind und deshalb so hohe Mahngebühren angefallen sind, dass das Landesamt eine „Mahnabteilung“zur Abarbeitung der Fälle ins Leben rufen musste.
Für das Land NRW ist der Vorgang eine Bankrotterklärung. Es ist peinlich, dass ein Land seine Rechnungen über Monate hinweg nicht begleichen kann. Die Leidtragenden sind die Polizisten. Sie müssen ausbaden, was ihre Vorgesetzten verbockt haben. Wäre der Sachverhalt nicht so ernst, man könnte fast darüber lachen.
BERICHT NRW-POLIZEI KANN SPRIT NICHT BEZAHLEN, TITELSEITE