Was der Big Mac über Geld verrät
Der Big Mac von McDonald’s verbindet die Völker. Er ist das einzige Produkt in einem Index, der die Kaufkraft weltweit vergleichbar macht.
Nirgendwo ist der Burger so teuer wie in der Schweiz – nirgendwo so günstig wie in der Ukraine. Was das bedeutet, lesen Sie in unserer Geld-Serie.
DÜSSELDORF Niemand wird bestreiten, dass der Big Mac etwas Völkerverbindendes ist. Weichbrötchen unten, darauf BigMac-Sauce, Zwiebelwürfelchen, Eisbergsalat, Schmelzkäse, Rinderhack, wieder ein Brötchen, dann wieder Sauce, Würfelchen, Salat, Salzgurke oben drauf, dann kommt wieder Rinderhack, zum Schluss das Deckelbrötchen mit Sesam – die Zutaten variieren rund um den Globus bestenfalls marginal. Und darum taugt der „Doppel-Cheeseburger“(so sein ursprünglicher Name) wie kaum ein anderes Produkt für einen Vergleich von Kaufkraft rund um den Erdball – dachte sich jedenfalls in den 80er-Jahren Pam Woodall, Redakteurin der britischen Wirtschaftszeitschrift „The Economist“. Seither ist der Big-Mac-Index mit einem einzigen Produkt der vielleicht einfachste Indikator für die Kaufkraft einer Währung. Dazu wird der aktuelle Preis eines Burgers in einem Land in den aktuellen Dollarkurs umgerechnet.
Was die Kaufkraft angeht, ein Beispiel: In Deutschland kostet der Big Mac umgerechnet 4,77 Dollar, in den USA 5,28 Dollar. Das heißt: In Deutschland müsste man nur 90 Cent für die Menge Big Mac zahlen, die in den Vereinigten Staaten einen Dollar kostet. Umgekehrt ist der Burger für deutsche Touristen in den USA ein teures Essvergnügen. Dagegen müssen Big-Mac-Käufer hierzulande fast dreimal so viel für den Burger geben wie in der Ukraine. In Osteuropa hat die Landeswährung also eine weitaus höhere Kauf- kraft als der Euro in Deutschland, aber wenn jemand aus Kiew oder Donezk sich den Big Mac bei einem USA-Besuch leisten will, wird’s richtig teuer. Das Gleiche gilt in abgemilderter Form für den russischen Rubel (2,29 Dollar je Big Mac). Die Amerikaner dagegen jubilieren, wenn sie die Burger-Preisschilder in Westeuropa sehen, weil sie in diesen Ländern deutlich mehr Burger fürs Geld bekommen. Die Schweiz und Skandinavien sind dagegen auch ein Burger-Alptraum für Touristen aus Amerika.
Da beim Big-Mac-Index alle Preise in Dollar gerechnet werden, erkennt man auf Anhieb, ob eine Währung gegenüber dem Greenback über- oder unterbewertet ist. In unserem Beispiel wäre der Euro gegenüber dem Dollar um zehn Prozent unterbewertet – was den Schluss zuließe, dass der Euro-Kurs nicht wie gestern Abend bei 1,23 Dollar liegen müsste, sondern eigentlich bei 1,38 Dollar. Das wiederum würde bei deutschen Export-Unternehmen natürlich einen Aufschrei auslösen, weil die Ausfuhren so teuer wür- den, dass die Verkaufszahlen der Anbieter in den Keller gehen könnten.
Zurück zum Big-Mac-Index. Der basiert auf der Theorie der Kaufkraftparität, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht und später von Ökonomen wie dem Briten David Ricardo weiterentwickelt wurde. Diese Parität läge beispielsweise vor, wenn der Big Mac in Deutschland das Gleiche kosten würde wie in Portugal. Zwischen den USA und Deutschland wäre sie gegeben, wenn der Euro und der Dollar durch die Wechselkurse dieselbe Kaufkraft hätten. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn der Außenwert einer Währung, also der Devisenkurs, mit dem Binnenwert übereinstimmen würde, wäre Kaufkraftparität erreicht.
So weit die Theorie. Wenn man die fortspinnt, würden die Amerikaner den Big Mac – wäre er kein Burger, sondern beispielsweise eine Auto-Marke – lieber in Deutschland, in Portugal, am besten in der Ukraine kaufen, weil er dort deutlich preiswerter ist als in den USA. Kauften sie den Big Mac in Deutschland, würde die höhere Nachfrage den Eurokurs nach oben treiben, bis die Kaufkraftparität erreicht wäre.
Dass das nicht passiert, liegt zum einen daran, dass man verderbliche Ware aus naheliegenden Gründen eben nicht jenseits des Atlantiks kauft. Außerdem hängt der Wechselkurs einer Währung auch von den Entwicklungen an den Finanzmärkten ab, und da sind bekanntlich auch viele Spekulanten am Werk, die Euro- oder Dollar-Kurs nach eigenen Wünschen beeinflussen wollen.
In den USA wurde der Big Mac 1968 zum ersten Mal verkauft. Er wird also in diesem Jahr 50. Zum Jubiläum haben sie sich im Big-Mac-Wucherpreis-Land Schweiz etwas einfallen lassen. Die Eidgenossen bieten den Import aus den Vereinigten Staaten gleich in drei Größen an: als Mac Junior, als Big Mac und als Grand Big Mac. Letzterer kostet dann vielleicht umgerechnet zehn Dollar. Vielleicht. In dem Fall würden die ersten womöglich doch lieber auf Berner Rösti oder Zürcher Geschnetzeltes umsteigen.