Milliardenschwerer Sanierungsstau auf Landesstraßen
DÜSSELDORF (tor) Der Duisburger Verkehrswissenschaftler Michael Schreckenberg warnt wegen des schlechten Zustandes der Landesstraßen vor milliardenschweren Belastungen für den Landeshaushalt und vor einer neuen Welle von Baustellen. „Der Sanierungsstau bei den Landesstraßen ist deutlich ausgeprägter als bei den Autobahnen und bei den Bundesstraßen. Ich halte das für eine tickende Zeitbombe“, sagte Schreckenberg gestern unserer Redaktion. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hatte kürzlich im Verkehrsausschuss die aktuellen Zahlen zum Zustand der Landesstraßen in NRW vorgestellt. Demnach ist die Substanz von 58 Prozent des Landesstraßen-Netzes in einem schlechten oder sogar in sehr schlechtem Zustand. Im Jahr 2004 hatte dieser Wert noch bei 39 Prozent gelegen. Wüst hat die Sanierungsmittel aufgestockt.
Der marode Zustand von mehr als der Hälfte des Landesstraßennetzes in NRW steht in einem grotesken Widerspruch zum Ziel des Landes, Europas wichtigster Logistik-Standort zu werden. Wenn NRW von der boomenden Branche und den vielen neuen Jobs dort profitieren will, sind gute Straßen noch die leichteste aller Hausaufgaben.
Ebenso wichtig, aber noch stärker vernachlässigt als die reine Verkehrstauglichkeit wurde der Lärmschutz. NRW gehört zu den am dichtesten besiedelten Regionen Europas. Schon heute verzögern Anwohner nahezu jedes Verkehrsprojekt mit jahrelangen juristischen Einwänden. Angesichts des dramatisch wachsenden Lkw-Verkehrs wird Straßenbaupolitik in NRW ohne Lärmschutz-Zugeständnisse an die Anwohner bald nicht mehr möglich sein.
Eine zukunftsfeste Infrastruktur braucht also beides: einen grundsoliden Straßenaufbau, der den Lkw-Massen der Zukunft standhält. Und einen ebenso soliden Lärmschutz, der die Proteste der Anwohner besänftigt. Die Verkehrspolitik in NRW ist nur nachhaltig, wenn sie beides berücksichtigt. BERICHT