Vermisste Debbie wird Fall fürs LKA
In die neue „Cold Case“-Datenbank werden auch die spärlichen Erkenntnisse über das Verschwinden der Achtjährigen vor 22 Jahren aufgenommen. Die Hoffnung, die Tat zu klären, ist aber auch bei den Spezialisten gering.
Die damals Achtjährige verschwand 1996 – eines von 900 ungelösten Verbrechen, die im Landeskriminalamt neu untersucht werden sollen. 65 Fälle kommen aus Düsseldorf.
Als Deborah Sassen im Februar 1996 auf dem Heimweg von der Grundschule in Wersten verschwand, war Andreas Müller noch bei der Kripo in Bonn. Der Fall, der ihn damals auch deshalb beschäftigt hat, weil er im selben Jahr an der Suche nach dem Mörder der elfjährigen Claudia Ruf beteiligt war, gehört nun auch zu seinen. Müller ist Chef der LKA-Profiler, die in diesem Jahr mit dem Aufbau einer neuen Einheit für ungeklärte Verbrechen begonnen haben.
900 solcher so genannter Cold Cases (Kalte Fälle) aus ganz NRW werden derzeit in eine neue Datenbank eingespeist. Akten, die teils aus den 1970er Jahren stammen, müssen eingescannt und durchgearbeitet werden. Allein 65 dieser Fälle kommen aus dem Düsseldorfer Polizeipräsidium, das bei Kapitalverbrechen auch für die Kreise Mettmann und Neuss zuständig ist. Mordfälle wie der des Wachmanns Augustine O., der 2011 in einem Parkhaus an der Berliner Allee erstochen wurde, und die der beiden Frauen, die 1992 und 1993 in Maisfeldern bei Meerbusch und Neuss ermordet aufgefunden wurden. Ob auch die umfangreiche Ermittlungsakte zum Kö-Millionär Otto Erich Simon, der 1991 verschwand, zu denen gehört, die von den Cold-Case-Spezialisten noch einmal unter die Lupe genommen werden, ist unklar. Simons Leiche wurde nie gefunden, trotzdem ein Verdächtiger ermittelt. Der Prozess gegen ihn wurde aber wegen Verhandlungsunfähigkeit des Beschuldigten abgebrochen.
„Wir nehmen vordringlich die Fälle in den Blick, bei denen die Ver- jährung droht“, sagt Müller. Mord verjährt zwar nie. Doch wenn sich bei neuen Ermittlungen ein alter Fall juristisch als Totschlag entpuppt, ist er von Verjährung bedroht. Die Experten werden sich zunächst mit den Fällen befassen, bei denen DNA-Spuren gesichert wurden. Nicht selten gibt es neue foren- sische Möglichkeiten, diese Spuren auszuwerten. So hoffen die Ermittler jetzt, den Mörder von Claudia Ruf zu finden. In ihrem Fall konnte eine DNA-Spur genauer bestimmt werden, so dass es nach 22 Jahren neue Ermittlungsansätze gibt.
Die ungelösten Morde werden im Landeskriminalamt von einer Dienststelle bearbeitet, die vor 20 Jahren unter dem sperrigen Namen „Operative Fallanalyse“an den Start ging. „Als wir anfingen, hatte die Bezeichnung Profiler, nicht zuletzt durch Krimis und selbst ernannte TV-Experten, einen unseriösen Klang“, sagt Müller. Heute sind die hochspezialisierten Kriminalisten – allein ihre Zusatzausbildung dauert sieben Jahre – stolz darauf, LKA-Profiler zu sein. Und sie gehören zu den besten Deutschlands, werden oft auch von den Polizeibehörden anderer Bundesländer zu Rate gezogen. Ihre Analyse des Wehrhahn-Anschlags etwa hat die neuen Ermittlungen unterstützt und mit zur Anklageerhebung Ende vergangenen Jahres geführt.