Rheinische Post

„So geht das vielen von uns hier. Wir sind einfach nicht gut genug. Wir rennen hinterher“

- 2011 geflüchtet

sich in der Regel zu jenen, die sich mit den Flüchtling­en aus dem Norden solidarisi­eren und dabei jedes Appeasemen­t gegenüber der Regierung in Pjöngjang strikt ablehnen.

„Kim Jong Un verletzt jeden Tag alle möglichen Menschenre­chte, und jetzt wird ihm der Hof gemacht? Was soll das?“, fragt sich Lee Ae Ran. Im Norden wurde die adrett gekleidete Frau mit Halstuch und Dauerwelle zu einer strengen Anti-Kommunisti­n: „Wir können nicht mit einem Regime sprechen, das die Menschen verhungern lässt.“Aber was dann tun? „Sanktionen. Anders geht es nicht.“

An den Tischen des Lokals, die sich am späteren Nachmittag langsam füllen, sind solche Meinungen vermehrt zu hören. Die Frage nach dem Umgang mit Nordkorea ist hier, zumal dieser Tage, Gesprächst­hema Nummer eins. Lee Ae Ran ist eines der Aushängesc­hilder der südkoreani­schen Rechten und häufig auf Anti-Pjöngjang-Demos dabei.

Eine ihrer Kellnerinn­en, ebenfalls ein Flüchtling aus dem Norden, sagt leise, kaum hörbar im Lärm des Lokals, dass sie den Auftritt der Nordkorean­er bei den Olympische­n Spielen als abstoßende Show emp- Kim Hyeuk funden habe: „Mich schüchtert es ein, dass Nordkorea hier seine Propaganda verbreiten darf. Ich weiß nicht, warum der Präsident das zulässt.“Die Kellnerin, eine ältere Dame mit Schürze um die Hüfte und Geschirr in ihren kräftigen Händen, wendet sich ab.

Es scheint zwar kaum plausibel, dass irgendein Olympia-Zuschauer politische Sympathien für ein Land entwickelt haben sollte, nur weil er ein paar elegante Choreograp­hien beim Eistanz sieht oder gut geschnitte­ne Uniformen. Auch die Befürchtun­gen, dass Südkorea allen Ernstes den anachronis­tischen Kommunismu­s des Nordens annehmen könnte, weil die Regierunge­n aus Seoul und Pjöngjang jetzt miteinande­r reden, sind sicher aus der Luft gegriffen. Aber weit verbreitet sind diese Meinungen dennoch. Man liest in Zeitungen davon, hört es in Gesprächen.

Kim Sung Chul, ein weiterer nordkorean­ischer Flüchtling, kann sowohl die Sorgen wie die momentane Begeisteru­ng während der Spiele verstehen. Aber der 32-Jährige will sich nicht mehr mitreißen lassen. „Was wir im Norden erlebt haben, war eben traumatisc­h“, sagt er. Da könne so mancher schnell zu extre-

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