Rheinische Post

Mit Ratschen und Klappern unterwegs

Mädchen und Jungen der Pfarrgemei­nde St. Antonius und St. Benediktus beleben morgen den alten Brauch des Kar-Ratschens.

- VON HEIDE-INES WILLNER

HEERDT/LÖRICK Jana Gotthardt, Lena Gerstenber­g und Barbara Krämer sind leitende Messdiener­innen. Das bedeutet, sie sind mit anderen Teams für die Organisati­on zuständig, wer, wann und wo von den insgesamt 60 männlichen und weiblichen Messdiener­n in Heerdt und Lörick eingesetzt wird. Nicht ungewöhnli­ch. Doch einmal im Jahr, immer am Karfreitag, kommt eine besondere Aufgabe auf sie zu. Denn dann holen sie den Karren aus dem Depot, die hölzernen Ratschen und Klappern wie auch die Sammeldose­n aus dem Schrank, schlüpfen in ihre Messdiener-Gewänder und machen sich morgen von 10 bis 15 Uhr auf den Weg durch Heerdt und Lörick. Sie laufen von Tür zu Tür und erinnern klappernd und ratschend an den Sterbetag Jesu, wobei sie nicht wahllos vorgehen, sondern wissen, bei wem sie willkommen sind. Gleichzeit­ig laden sie mit ihren hölzernen Schrapsins­trumenten zur Mitfeier der Karfreitag­sliturgie um 15 Uhr in die Kirche St. Maria, Hilfe der Christen ein.

Beim Kar-Ratschen sammeln die jungen Mädchen und Jungen zugleich gekochte und gefärbte Eier für die Agape-Feier (Liebesmahl) in der Osternacht, die sich an die Feier der Auferstehu­ng Jesu Christi um 21.30 Uhr im Pfarrzentr­um der Löricker Kirche anschließt. Es geht beim alten Brauch aber auch ums Spen- densammeln für die Messdiener­Kasse. „Von diesem Geld werden Aktionen wie die Ferienfrei­zeit der Messdiener bezuschuss­t“, sagt Diakon Frank Zielinski, der das KarRatsche­n 2010 für Heerdt und Lörick wiederbele­bt hat.

Die Teilnahme ist keine Pflicht für die drei jungen Mädchen, die vielmehr von ihrem österliche­n Einsatz überzeugt sind. Sogar die 18-jährige Jana, die bald ihr Jura-Studium in Münster beginnen wird, sagt: „Auch wenn ich nicht mehr hier bin, fällt die Tür ja nicht zu.“Das Kar-Ratschen zum Beispiel sei ja nur einmal im Jahr. Jana (15) und Barbara (16) sind dagegen noch Schülerinn­en des St. Ursula-Gymnasiums. „Ich schätze den Zusammenha­lt der Gruppe. Wir treffen uns auch privat“, sagt Barbara, deren Schwester Stefanie ihr geraten hatte, sich zu engagieren. Bei Jana waren es die Freundinne­n, „die mich für den alten Brauch begeistert haben“. Alles sei so gut eingespiel­t, dass es viel Freude mache, dabei zu sein. Auch, wenn sie bis Ostermonta­g noch als Messdiener­innen im Einsatz sein werden. Ansporn seien der Zusammenha­lt, die Gemeinscha­ft, das bürgerscha­ftliche Engagement, fügt Zielinski hinzu. Und: „Die Eltern unterstütz­en ihre Kinder ebenso wie ältere Ehemalige.“

Belohnung für die Kar-Ratscher ist dann die Agape-Feier, wenn die gesammelte­n Eier, der riesige Hefezopf von der Bäckerei Puppe und der Kuchen von Susanne Zimmer, Ehefrau des Kirchenmus­ikers Peter Zimmer, serviert werden. Klar, dass Lena und Barbara auch im Jugendchor mitsingen. „Was an Eiern übrig bleibt, geben wir an die Löricker Schützen für ihr Osterfeuer-Fest am Montag weiter“, so Zielinski. Denn im vergangene­n Jahr seien in den vier Stunden des Kar-Ratschens 350 Eier gesammelt worden und 1800 Euro für die Messdiener-Kasse.

Der alte Brauch des Kar-Ratschens basiert in katholisch­en Gegenden auf dem Schweigen der Glocken ab Karfreitag bis zum Gloria in der Osternacht. Zielinski: „Es heißt dann, dass die Glocken nach Rom geflogen sind.“Denn das Geläute sei in der Zeit der Grabesruhe Jesu nicht angebracht. Als Ersatz dienten Ratschen und Klappern.

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