Alles rund um den Start von Alexander Gerst ins Weltall.
Mittwochmittag reist der deutsche Astronaut als ISS-Kommandant für 187 Tage ins All.
KÖLN/BAIKONUR Der Countdown läuft: Morgen hebt der deutsche Astronaut Alexander Gerst zum zweiten Mal ab ins All. Ziel ist die Raumstation ISS, deren Kommando der 42-Jährige ab August übernehmen wird – als erster Deutscher und zweiter Europäer überhaupt. Start Am Mittwoch um 13.12 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit fliegt Gerst an Bord einer Sojus-Rakete vom kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur los. Der Deutsche tritt dabei in die Fußstapfen von Raumfahrtpionier Juri Gagarin, der am 12. April 1961 vom Startplatz Nummer 1 als erster Mensch in den Weltraum vorstieß. Seither wird die Rampe „Gagarin-Start“genannt. „Von dort zu starten, das ist schon ein Riesenkompliment“, sagte Gerst. Akklimatisierung Um seinen Körper an die Schwerelosigkeit zu gewöhnen, schläft Gerst in den letzten Tagen vor dem Abflug in einem schrägen Bett, schnallt sich teilweise auch kopfüber auf eine Liege.„Komme mir vor wie eine Fledermaus“, twitterte der Astronaut.
Einstimmung Für den Start hat sich der Geophysiker schon eine Musikliste zusammengestellt. Zu den Liedern, die er dann über Funk in der Stunde vor dem Start hört, gehören zum Beispiel die Titelmelodie der US-Zeichentrickserie „Captain Future“sowie „Astronaut“von Andreas Bourani und Sido und „Heute hier, morgen dort“von Hannes Wader. Während die Crew mit dem Bus zur Startrampe fährt, läuft aber russische Rockmusik, nämlich das Lied„Trawa U Doma“von der Band Semljane. In dem Song geht es um den Blick aus dem All auf die Erde. Am Abend zuvor schauen sich die Astronauten gemeinsam einen rus-
sischen Filmklassiker an, „Die weiße Sonne der Wüste“, eine Art Western. Das soll Glück bringen.
Aberglaube Zwei Tage vor dem Start schleppt eine Lokomotive die Rakete aus dem Hangar zur Startrampe. Ingenieure, Techniker und Angehörige der Raumfahrer legen Münzen auf die Gleise, die der schwere Zug zerquetscht – ebenfalls ein Glücksbringer. Aus diesem Grund schaut sich die Crew auch das Aufstellen der Rakete nicht an. Die Sojus wird zudem noch von einem orthodoxen Priester gesegnet. Crew Alexander Gerst fliegt gemeinsam mit zwei Kollegen zur ISS. Der Russe Sergej Prokopjew (42) ist ein ehemaliger Kampfpilot, die US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor (41) eine Ingenieurin und Medizinerin. Ihr Einsatz war eigentlich für eine spätere Mission geplant, sie wurde aber vorgezogen. Reisezeit Für den Flug zur Raumstation ISS wurden zwei Tage veranschlagt. Auf der ISS soll Gerst insge-
samt 187 Tage leben und arbeiten. Im Jahr 2014 war der Astronaut aus dem baden-württembergischen Künzelsau 165 Tage im All.
ISS Die Internationale Raumstation ist 20 Jahre alt. Am 20. November 1998 wurde das russische Modul „Sarja“(Morgenröte) als erstes Bauteil in den Orbit geschickt. Mehr als ein Dutzend Module sind seither dazugekommen. Bis zu sechs Raumfahrer leben und arbeiten gleichzeitig auf der Station. Laut Gerst ist die ISS in einem sehr guten Zustand. Ob das so bleibt, hängt auch von den Geldgebern ab. Dazu gehören die USA, Russland, Europa, Kanada und Japan. Die Gesamtkosten seit 1998 sollen bei 100 Milliarden US-Dollar liegen, manche Experten veranschlagen auch 150 Milliarden. Die Amerikaner investieren drei Milliarden US-Dollar pro Jahr, die europäische Raumfahrtagentur Esa steuert rund 300 Millionen Euro bei. Bis 2024 ist die Finanzierung gesichert; laut US-Medienberichten wollen die Amerikaner aber aus dem Projekt aussteigen und
das Weltraumlabor privatisieren.
Experimente Rund 300 Versuche stehen auf dem Programm der Astronauten, bei den meisten davon müssen die Wissenschaftler aber nur auf einen Knopf drücken. Gerst ist an etlichen Experimenten beteiligt. Dazu zählen etwa die Erforschung ultrakalter Atome im Nasa-Minilabor „Cal“(Cold Atoms Lab), die Untersuchung biomechanischer Eigenschaften des ruhenden menschlichen Muskels, der Test von Funktionskleidung und des mobilen Assistenzsystems „Cimon“. Zudem wird Gerst der Frage nachgehen, ob auf der ISS eine mit Luft betriebene Minirakete fliegen kann – die Idee für dieses Experiment stammt von Zuschauern der „Sendung mit der Maus“.
Live-TV Mehrere Sender begleiten Gersts Flug. So zeigt n-tv ab 12.30 Uhr ein „News Spezial“live aus Baikonur. Der Sender Welt bringt zwischen 12 und 14 Uhr eine Live-Sondersendung. ARD-alpha überträgt den Start ab 12.30 Uhr. ARD und ZDF berichten um 14 Uhr in„Tagesschau“und „heute“. Harald Lesch moderiert im ZDF um 23.35 Uhr die Sendung „Nacht der Raumfahrt“.
Gerst hört vor dem Start Musik – zum Beispiel die Titelmelodie von „Captain Future“