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Bei bestem Wetter hat Alexander Gerst von Baikonur aus seine Reise zur ISS angetreten.
BAIKONUR Es ist ein Start wie aus dem Lehrbuch: Pünktlich um 13.12 Uhr mitteleuropäischer Zeit hebt die Sojus-Rakete MS 09 am Mittwoch vom Raumfahrtzentrum in Baikonur ab und verschwindet nach wenigen Augenblicken im Himmel über der kasachischen Steppe. An Bord: der deutsche Astronaut Alexander Gerst, der Russe Sergej Prokopjew und die US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor. Gerade mal neun Minuten braucht die Rakete, um den Weltraum zu erreichen – dank 26 Millionen PS Schubkraft, die das Raumschiff auf 28.000 Stundenkilometer beschleunigen. Bis Freitag ist die Crew noch in der engen Sojus unterwegs, umrundet dabei 34 Mal die Erde, bevor sie an der Internationalen Raumstation ISS andockt – und die eigentliche Arbeit der Astronauten beginnt.
Gerst, der mitterweile wegen seines gleichermaßen unprätentiösen wie charismatischen Auftretens fast wie ein Popstar behandelt wird, präsentierte sich vor dem Start bemerkenswert gelassen.„Eben aufgestanden und zum letzten Mal in sechs Monaten geduscht“, twitterte er zunächst, später dann „Ziehen unsere Raumanzüge an und testen sie auf Lecks. Zum letzten Mal Schuhe tragen für 6 Monate... ;)“. Vor vier Jahren war der 42-Jährige schon einmal auf der ISS, als Bordingenieur. „Es ist einfacher, wenn man zum zweiten Mal fliegt, denn man hat die großen Unbekannten nicht“, sagt er. Man frage sich nicht mehr, wie das Leben da oben eigentlich ist. Allerdings wartet eine besondere Bewährungsprobe auf „Astro-Alex“: Von den sechs Monaten, die er auf der ISS verbringt, wird er die Station drei Monate als Kommandant leiten.
Vom brachialen Schub der Rakete sei beim Start wenig zu spüren, erklärte die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti – weil das Gewicht der Rakete so enorm ist. Zu tun gibt es für die Astronauten wenig auf dem Flug zur ISS. Nach dem Start können die Raumfahrer zunächst die Luke zum sogenannten Orbitalmodul öffnen, in dem auch Fracht lagert, und sich ihrer Druckanzüge entledigen. Die im übrigen nur für den Notfall da sind. Wüss- te man, dass nichts passiere, könne man auch in normaler Kleidung fliegen, sagte Cristoforetti.
Für die grundlegenden Bedürfnisse der Raumfahrer ist in der Sojus-MS gesorgt. Im Orbitalblock, der rundlichen Kugel an der Spitze des Raumschiffes, gibt es eine Toilette. Die muss man sich wie einen Trichter an einem Schlauch vorstellen, die die Notdurft ansaugt. „Man kann ja nicht zwei Tage die Beine zusammen quetschen“, erläuterte Astronaut Thomas Reiter, der 2006 zur ISS geflogen ist.Windeln unterm Raumanzug seien daher nicht obligatorisch, aber auch nicht ausgeschlossen. Der Speiseplan auf der Sojus ist eher spartanisch: getrocknete Früchte und Konserven.
Gersts Heimatort Künzelsau in Baden-Württemberg feierte den Flug seines Ehrenbürgers mit einem Stadtfest. Rund 5000 Menschen verfolgten dort, wie die Rakete abhob. Jubel brandete auf, Zuschauer riefen „Gute Reise“und „Komm gesund wieder“. „Ufo-Burger“wurden serviert und blaue T-Shirts mit Gersts Konterfei verteilt. In Berlin fieberten hunderte Kinder bei der zentralen Veranstaltung der europäischen Raumfahrtagentur Esa im Zeiss-Großplanetarium mit.
Alles verlaufe nach Plan, sagte der Chef der russischen Weltraumorganisation, Dmitri Rogosin, am Mittwochnachmittag. „Der Besatzung geht es normal. Die Mission hat ihre Arbeit begonnen.“Auf der ISS gibt es allerdings deutlich mehr zu tun – rund 300 Experimente stehen an. Gerst ist an 67 europäischenVersuchen, von denen 41 aus Deutschland stammen, beteiligt. Als erstes Experiment nach seiner Ankunft auf der Raumstation ist für Gerst ein Versuch zur Feinmotorik in der Schwerelosigkeit angesetzt, sagte Johannes Weppler, Projektmanager des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums.
Zunächst aber muss die Crew am Freitag sicher an der Raumstation andocken. Ein schwieriges Manöver, das Gerst aber hunderte Male trainiert hat. Nervös wirkt er auf jeden Fall nicht, wie seine letzte Botschaft vor dem Start vermuten lässt: „Nächster Halt #ISS in zwei Tagen wenn alles glatt geht. Passt auf euch auf, meine Freunde!“