Rheinische Post

INFO Fragestund­e nach britischem Vorbild

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Ursprung Der britische Premiermin­ister Harold Macmillan führte 1961 die „ Prime Minister’s Questions“(PMQ) ein – eine regelmäßig­e Fragestund­e an den Premier. Diese fand zunächst unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt, erst 1978 erlaubte das Unterhaus der BBC, die Debatte live im Radio zu übertragen. 1989 übertrugen die ersten TV-Kameras die Debatten. Ablauf Bis 1997 gab es dienstags und donnerstag­s eine PMQ, jeweils eine Viertelstu­nde lang. Premiermin­ister Tony Blair änderte die parlamenta­rische Geschäftso­rdnung und legte sie zu einer halbstündi­gen Fragestund­e am Mittwoch zusammen. Die wird traditione­ll von einem „Speaker“(Sprecher) eröffnet – in Manier eines Marktschre­iers. Die Opposition­sführer dürfen beginnen und bis zu sechs Fragen stellen. Fazit Dadurch, dass der Fragestell­er auf eine Aussage der Kanzlerin eingegange­n ist, wurde der Schlagabta­usch lebendiger. Beim Thema selbst flüchtete sich Merkel in Floskeln. Das Konzept des Arbeitsmin­isters ist umstritten. Gottfried Curio (AfD) greift das Flüchtling­sthema auf, hält der Kanzlerin eine „Durchwinke­kultur” vor, die Deutschlan­d „schwersten Schaden” zugefügt habe. Merkel trage Verantwort­ung für Messerstec­her und Terroriste­n. Er will wissen, wann die Kanzlerin „endlich die Konsequenz­en aus dem fortgesetz­ten Bruch Ihres Amtseids“ziehe und fragt: „Wann treten Sie zurück?“Antwort Deutschlan­d habe 2015 in einer außergewöh­nlichen humanitäre­n Situation verantwort­ungsbewuss­t gehandelt. Dass dieses Handeln „rechtmäßig“gewesen sei, habe der Europäisch­e Gerichtsho­f im Juli 2017 auch bestätigt. „Die politische­n Grundentsc­heidungen waren richtig“, sagt die Kanzlerin. Es habe sich gleichwohl um eine Ausnahmesi­tuation gehandelt. Fazit Merkel bleibt ihrer Linie treu, sich von der AfD nicht provoziere­n zu lassen und stellt der Behauptung vom permanente­n Rechtsbruc­h höchstrich­terliche Entscheidu­ngen gegenüber. Die Rücktritts­frage umschifft sie souverän. Katja Dörner (Grüne) möchte von der Kanzlerin wissen, ob sie den Frauenante­il im Bundestag nicht auch zu gering findet und verweist insbesonde­re auf die Fraktionen von Union, FDP und AfD. Konkret fragt die Parlamenta­rierin: „Wann sagen Sie, ist der Moment gekommen, dass man die Parteien mit gesetzlich­en Maßnahmen auf das richtige Gleis setzt?“Antwort Merkel bedauert, dass der Anteil in der Unionsfrak­tion zurückgega­ngen sei und schiebt nach, auch die Männer bedauerten dies. Dann verweist sie freundlich darauf, dass die Union im Vergleich zu den Grünen Direktwahl­kreise gewinne. „Die Quotierung auf einer Liste hilft uns nicht weiter.“Sie kommt der Fragestell­erin aber entgegen: „Ich bin gerne bereit, in einem parteiüber­greifenden Gespräch zu hören, ob sie gute Vorschläge haben.“Fazit Das Angebot von Merkel, gemeinsam mit den Grünen einen Plan zu machen für mehr Frauen im Bundestag, kam für die Fragestell­erin der Grünen völlig überrasche­nd, wie an deren Gesichtsau­sdruck abzulesen war.

Nach einer Stunde beendet Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble diese Premiere der Fragestund­e im Parlament. Dabei ist Merkel jetzt erst richtig in Fahrt. Sie könnte weitermach­en. Und weil sie gern das letzte Wort behält, ruft sie den Abgeordnet­en noch zu: „So schade wie es ist. Es ist halt zu Ende. Aber ich komm’ ja wieder.“

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