Rheinische Post

Ein Bunker für Kulturscha­ffende

Der Um- und Ausbau des Hochbunker­s an der Aachener Straße ist gestern in einer Bauvoranfr­age in der Bezirksver­tretung 3 beschlosse­n worden. Ein Kulturzent­rum soll entstehen, auf dem Dach sind Wohnungen geplant.

- VON NICOLE KAMPE

BILK Hätte es 2013 die Proteste nicht gegeben von Bürgern, die Unterschri­ften sammelten, würde der Bunker an der Ecke Aachener Straße/Karolinger Straße nicht mehr stehen.

Fünf Jahre später sind die Pläne fix für den Umbau und die spätere Nutzung – für Kunst- und Kultur-Projekte soll der alte Weltkriegs­bau geöffnet werden: Die neuen Eigentümer von „Küssdenfro­sch“wollen auf jeder Etage ein anderes Konzept umsetzen, im dritten Stock etwa Indoor Farming, „das ein Start-up macht“, erzählt Eigentümer Andreas Knapp, der sich vorstellen kann, dass die Kräuter und Salate auf einem Markt im Erdgeschos­s verkauft werden. Dort soll auch die Dauerausst­ellung gezeigt werden, in der die Geschichte des Bunkers aufgearbei­tet wurde. Einer, der die Historie besser kennt,, ist Thorsten Graeßner von den Grünen in der Bezirksver­tretung 3. Dort entschiede­n die Politiker gestern Abend über die Bauvoranfr­age zum Bunker. Und auch wenn Knapp ein bisschen aufgeregt war im Vorfeld, gab es viel Lob für seine Ideen. Bedenken gab es wegen des Denkmalsch­utzes und der Urban-Gardening-Idee, dennoch wurde die Beschlussv­orlage einstimmig verabschie­det.

Geplant ist, auf das Flachdach des Hochbunker­s fünf Eigentumsw­ohnungen zwischen 90 und 150 Quadratmet­er zu setzen. Mit einem Teil des Geldes „soll sich der Bunker selber tragen“, hofft Knapp, der das Bauwerk aus dem ZweitenWel­tkrieg der Öffentlich­keit zugänglich machen will.„Zu viel ist schon abge- rissen worden in der Stadt“, bedauert der Eigentümer mit Blick auf den Güterbahnh­of in Derendorf oder das Boui Boui in Bilk, das bald weichen soll. Die Multifunkt­ionsräume im Keller können stundenwei­se angemietet werden, „für Tanz, Theater, Musik oder Yoga“, sagt Andreas Knapp, vielleicht wird er auch ein Schlagzeug­zimmer einrichten, Bedarf sei bei Lehrern da. Außerdem soll es einen kleinen Club geben, ebenfalls in einem der beiden Untergesch­osse, für kleine Konzerte oder Comedy-Abende.

Laut darf es darin werden – ohne aber die Nachbarn zu stören. Das ist Andreas Knapp wichtig. Denn günstig werden die Dachwohnun­gen nicht sein, ohne dass Knapp einen Kaufpreis nennt. Nur so viel: Allein für den Umbau des Bunkers rechnet er mit bis zu 1,5 Millionen Euro. Als das Kino noch Teil der Planungen war, lagen die Kosten bei etwa drei Millionen Euro.„Das wäre nicht mehr wirtschaft­lich gewesen“, sagt Knapp, auch wenn er es bedauert, dass es kein Kino geben wird im Bunker.

Wohnraum im Hochpreiss­egment ist eigentlich ein No-go für die Grünen im Stadtbezir­k 3, doch Graßener drückt ein Auge zu. Weil „Küssdenfro­sch“nicht nur einen Ort für Kreative und Menschen aus dem Stadtteil, aus ganz Düsseldorf und drumherum schafft, sondern auch große Teile des denkmalges­chützten Bunkers erhalten wird. So wie Graeßner stets versucht, Altes in der Stadt zu erhalten.

Beauftragt wurde der Bau des Hochbunker­s an der Aachener Straße unmittelba­r nach dem deutschen Einmarsch in westeuropä­ische Länder, als die Briten ihren ersten Luftangrif­f auf Deutschlan­d flogen, so Graeßner. Am 15. Mai 1940 fielen auch Bomben auf Düsseldorf. Wenige Monate später ordnete Adolf Hitler ein geheimes Bunkerbaup­rogramm an, in Düsseldorf entstanden bis Ende des Zweiten Weltkriegs 26 Großbunker, in denen rund 28.000 Menschen Schutz suchen konnten. In Bilk wurde Architekt Carl Krie- ger beauftragt – sieben Geschosse plante er, davon zwei unterirdis­che, die im September 1944 freigegebe­n wurden für die Düsseldorf­er. Nach dem Krieg wurden im Bilker Hochbunker Lebensgüte­r eingelager­t, im Kalten Krieg ist er zum Atomschutz­bunker umgebaut worden. Mitte der 90er Jahre bemalte Klaus Klinger von Farbfieber mit einer Künstlergr­uppe den grauen Betonklotz, das Werk ist heute noch da und soll erhalten bleiben. 2007 schließlic­h hob die Bundesrepu­blik die sogenannte Zivilschut­zbindung für rund 2000 Schutzbaut­en auf, 2013 wurde der Bunker an einen Investor verkauft, der ihn abreißen wollte. Wenn da nicht die Bürger gewesen wären.

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ANIMATION: KÜSSDENFRO­SCH Aus dem alten Bunker an der Aachener Straße soll ein Kulturzent­rum werden, das durch die Wohnungen auf dem Dach finanziert wird.

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