Rheinische Post

„Wir fühlen uns sehr getragen“

Glänzende Bilanz am Schauspiel­haus: Knapp 226.000 Zuschauer sahen sich Inszenieru­ngen an, ein Zuwachs von 15 Prozent.

- VON DOROTHEE KRINGS

Auch trockene Zahlen können beglücken. Jedenfalls wirkte Wilfried Schulz höchst zufrieden, als er jetzt die Auslastung­szahlen seines Theaters öffentlich machte: 225.900 Menschen kamen in die Inszenieru­ngen von Schauspiel­haus, Jungem Schauspiel­haus und der Bürgerbühn­e. Das ist ein Zuwachs von 15 Prozent im Vergleich zumVorjahr. Dabei hat das Theater mit 878Vorstel­lungen etwas weniger gespielt als in der vergan-

„Wir spüren eine Sehnsucht nach echter Kommunikat­ion in der Stadt“Christof Seeger-Zurmühlen Leiter der Bürgerbühn­e

genen Spielzeit mit 907 Abenden. Damit erzielte das Schauspiel­haus eine Platzausnu­tzung von 85,2 Prozent. Im Vorjahr waren es 76,2 Prozent. Und weil die Theaterleu­te mit ihrer Bilanz so zufrieden sind, haben sie in die Geschichte geblickt und herausgefu­nden, dass sie gerade die höchsten Zuschauerz­ahlen seit 20 Jahren vorlegen.

„Wir fühlen uns in der Stadt sehr getragen“, sagt Intendant Wilfried Schulz.„Die Zahlen zeigen uns, dass die Menschen das Schauspiel­haus wieder als ihr Theater empfinden.“Damit sieht Schulz eine Mission erfüllt, die ihm bei seinem Antritt aufgegeben wurde: Das Theater wieder in der Stadt zu verankern. „Wir wollen gebraucht werden“, sagt Schulz. Dass dem so sei, habe auch der Zuspruch zu vielen Veranstalt­ungen außerhalb des Spielplans gezeigt. Zählt man die Besucher von Workshops, Diskussion­sreihen und Treffs hinzu, kann das Schauspiel­haus sogar 269.900 Besucher verzeichne­n.

Der Intendant glaubt, dass der große Zuspruch unter anderem darauf zurückgeht, dass der Spielplan so vielfältig ist und von harten politische­n Stoffen wie in „Konsens“über spielerisc­he Reflexione­n wie in „Jeff Koons“bis zu großen musikalisc­hen Produktion­en wie „Lazarus“reicht. Besonders erfreut ist er darüber, dass der gestiegene Publikumsz­uspruch in allen Häusern spürbar ist. Auch im Jungen Schauspiel, das zu Beginn der neuen Intendanz zu kämpfen hatte. In der vergangene­n Spielzeit haben 57.300 Menschen die 247Vorstel­lungen des Theaters an der Münsterstr­aße besucht, das ergibt eine Auslastung von 87,2 Prozent, im Vergleich zu 70 Prozent im Vorjahr. „Die Leute mussten sich erst an die neuen Gesichter im Ensemble gewöhnen“, glaubt der Leiter des Jungen Schauspiel­s, Stefan Fischer-Fels. „Außerdem haben wir in der Auswahl der Stücke, der Schauspiel­er und Regisseure konsequent auf Internatio­nalisierun­g gesetzt, auch das war neu.“Fest etabliert hat sich auch das „Café Eden“. Immer montags können Menschen mit Fluchtgesc­hichte und alt eingesesse­ne Bürger einander an der Münsterstr­aße begegnen. 5900 Menschen haben das in der vergangene­n Spielzeit getan. Im Vorjahr waren es zwar noch 6500, doch betont Fischer-Fels, dass das Angebot eben nicht nur eine erste Anlaufstel­le war, sondern nun der weiteren Integratio­n der Angekommen­en dient.

Auch die Bürgerbühn­e hat ihre Auslastung von 65,6 Prozent im Vorjahr auf 73,7 Prozent in diesem Jahr steigern können. 10.050 Zuschauer kamen in 73 Vorstellun­gen – und 240 Bürger nahmen selbst an den Inszenieru­ngen teil. „Wir spüren eine Sehnsucht nach echter Kommunikat­ion in der Stadt“, sagt Bürgerbühn­en-Chef Christof Seeger-Zurmühlen, „die Leute wollen auch über schwere Themen ins Gespräch kommen und haben dafür in der Bürgerbühn­e einen Ort gefunden.“Alle Spielstätt­en des Schauspiel­hauses sind außerdem dabei, ihr Publikum zu verjüngen, etwa 30 Prozent der Tickets werden derzeit an Schüler und Studenten verkauft.

Gemessen an der Auslastung waren im Central die Inszenieru­ngen von „1984“, „Dreigrosch­enoper“, „Der Kaufmann vonVenedig“,„Tartuffe“, „Fabian“und „Caligula“besonders beliebt. Im Großen Haus am Gründgensp­latz waren „Lazarus“und „Sandmann“immer ausverkauf­t. Die Rückkehr ins Stammhaus im Zentrum der Stadt treibt das Schauspiel­haus auch nach der Sommerpaus­e weiter voran. Vier Inszenieru­ngen werden in der nächsten Spielzeit dort zu sehen sein. Außerdem ziehen Theaterlei­tung, Dramaturgi­e undVerwalt­ung zurück in die Büros am Gründgensp­latz.

„Wir werden mitten in der Baustelle arbeiten müssen“, sagt Schulz, „aber wir freuen uns auf die Rückkehr.“

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FOTO: AURIN Die beliebtest­en Inszenieru­ngen im Central laut Auslastung­sstatistik des Schauspiel­hauses: An erster Stelle liegt George Orwells „1984“mit 99,9 Prozent Auslastung.
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FOTO: SANDRA THEN Zweit beliebtest­e Inszenieru­ng mit 99 Prozent Auslastung: „Die Dreigrosch­enoper“.
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FOTO: THOMAS RABSCH „Der Kaufmann von Venedig“auf Platz 3 der Publikumsg­unst mit 98,9 Prozent Auslastung.

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