In Serbien sind kroatische Erfolge kein Thema
BELGRAD (dpa) Seit Tagen sind die Zeitungen in Serbien beinahe sprachlos über die historischen WM-Erfolge von Kroatiens Fußball-Nationalmannschaft. In Politik, Wirtschaft, Geschichte und natürlich auch im Sport stellen sich die Serben mit doppelt so vielen Einwohnern wie Kroatien in der Regel als besser in jeder Hinsicht dar. Wie also jetzt mit der ungewohnten Lage umgehen?
„Dreckige Fußballpolitik: Für die Kroaten sind die Serben das Hauptthema“, titelt die Boulevardzeitung „Informer“, die viele für ein Sprachrohr der Regierung halten, am Freitag. „Die Kroaten feiern das Finale wie den „Gewittersturm““, urteilt das Blatt. Bei dieser Militäraktion waren am Ende des Bürgerkrieges 1995 rund 200.000 Serben aus Kroatien vertrieben worden.
Die weit verbreitete Zeitung„Kurir“behauptet am selben Tag: „Das Erfolgsgeheimnis der Kroaten: Die Wahrheit liegt im Alkohol.“Unter dem Foto von feiernden kroatischen Spielern steht „Die Besoffenen im Finale.“Die Fachzeitung „Sportski zurnal“beschäftigt sich mit dem eigenen Fußball selbst in den unteren Ligen. Erst auf Seite zehn wird dieWM thematisiert, und da geht es um die Franzosen und die von den Kroaten besiegten Engländer. Erst am Schluss kommen Kroatiens Erfolge zur Sprache.
Die renommierte Zeitung „Politika“schafft das Kunststück, kein Wort über die Kroaten zu verlieren und beschäftigt sich in ihrer WM-Rubrik mit dem Showprogramm in Moskau, den besiegten Engländern und Belgiern. Alle Medien bringen als WM-Kontrastprogramm groß das Wimbledon-Halbfinale des serbischen Stars Novak Djokovic gegen seinen langjährigen Tennis-Rivalen Rafael Nadal. Staatspräsident Aleksandar Vucic kommt überall zu Wort mit: „Ich werde immer Novak anfeuern!“