Theaterausflug in den Kleingarten
Das Tolle an einer Theaterrundfahrt wie „Garten minus Zäune“des Kollektivs Per.Vers. ist, dass man den stets selbstverständlich wahrgenommenen Stadtraum auf einmal als Bühne wahrnimmt und hinterfragt. Der Kleingartenverein an der Junkerstraße ist eine großartige Bühne: Hier konkurrieren Deutschland- mit Fortuna-Fahnen, hier offenbaren sich zwischen Zäunen kleine Paradiese, die von Blicken verteidigt werden: „Was wollen die denn hier?“, scheinen sie zu fragen, als der Publikumsverkehr des Asphalt-Festivals beginnt.
Der Kleingarten ist die erste Station der wunderbar detailverliebt gestalteten „theatralen Safari durch den Stadtdschungel“, und die Performerinnen schenken ihrem Publikum einen Ohrwurm, der sie die nächsten zweieinhalb Stunden begleitet: „Good fences make good neighbours / Willkommen ist nur, wer auch wieder geht.“
Allein die Orte, die das Kollektiv um Regisseur Christof Seeger-Zurmühlen und Schauspielerin Julia Dillmann aufgetan hat, lohnen die Mitreise. Geschichten über das Gärtnern in urbanen Räumen, über die Sehnsucht nach Natur erzählen sie quasi von selbst: Gegenüber des verwunschen-verwachsenen Stadtgartens in einem Hinterhof der Mülheimer Straße wirbt ein Bauunternehmer für ein neues Projekt – eine „Oase für Stadtbewohner“. Tatsächlich eine Oase der Ruhe ist der Gemeinschaftsgarten an der Rolandstraße, den Anwohner der knappen städtischen Fläche abgerungen haben: Eigentlich sollte hier ein Park- platz entstehen. Die weiten und penibelst angelegten Dachgärten der Ergo-Versicherungszentrale sind dagegen nur Anschauungsobjekt, durch ihre fein beschnittenen Bäume und Sträucher wandelt nur die Gärtnerin.
Die Performerinnen und Performer geben auf Busfahrten und Fußwegen Impulse: „Der Garten lehrt Demut, denn er ist nie fertig – wie die menschliche Existenz“– zum Beispiel. Oder die Frage, was geschieht, wenn die Wurzeln der Robinie das nebenstehende Haus gefährden: „Baurecht geht vor Baumschutz“. Oder die Frage, was wir tun können gegen Klimawandel und Insektensterben, gegen die Zerstörung des doch ach so geliebten Grüns: „Welchen Unterschied macht schon meine Fahrt zum Arbeitsplatz? Ich kann doch nicht alleine die Welt retten!“