Ryanair-Streik löst Urlaubschaos aus
Europas Luftlinien entwickeln sich zur Krisenbranche: 600 Flüge sagt Ryanair ab, im ersten Halbjahr waren mehr als 1000 Flüge extrem verspätet. Jetzt verstärkt die Politik den Druck.
DÜSSELDORF Die Verspätungskrise in der Luftfahrt verschärft sich. 600 Flüge von und nach Spanien, Portugal und Belgien sagte Europas größter Billigflieger Ryanair für nächste Woche wegen Streiks ab. Während dieser Arbeitskampf Flüge ab Deutschland nur teilweise direkt trifft, haben Fluglotsen in der Schweiz, Frankreich und Italien neue Arbeitskämpfe angekündigt. „Diese angekündigten Streiks werden zu Umleitungen und Verzögerungen bei vielen Flügen in den Süden führen“, sagte Roland Keppler, Geschäftsführer von Tuifly, unserer Redaktion.
In Düsseldorf kamen am Sonntag 19 Jets erst nach 23 Uhr an, obwohl dann der Flugverkehr eigentlich beendet sein soll. Vier Maschinen landeten erst zwischen 23.30 Uhr und 0 Uhr. Sechs Maschinen mussten zu anderen Flughäfen umgeleitet werden, weil Düsseldorf ab Mitternacht geschlossen ist.
In Deutschland nahm im ersten Halbjahr die Zahl der Flüge stark zu, die mindestens drei Stunden verspätet ankamen oder gar ausfielen. Das ergab eine Untersuchung des Flugrechteportals Airhelp.Während zwischen Januar und Juli 2017 rund 860 Flüge aus Deutschland mindestens drei Stunden verspätet waren, waren es 2018 etwa 1130 Flüge mit einer solchen Verspätung. Die Anzahl an Flugausfällen stieg von 3920 im Jahr 2017 auf 9660 im Jahr 2018.
„Die Lage ist angespannt“, sagte Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Er sieht den schnell wachsenden Flugverkehr, viele Streiks, Gewitter sowie erhebliche Effizienzdefizite bei der Flugsicherung in Europa als Ursache der Krise. Hinzu kommt, dass nach der Insolvenz von Air Berlin viele Airlines wie Eurowings oder auch Condor Schwierigkeiten haben, ihre Kapazitäten zu erhöhen.
Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) sagte, alle Beteiligten müssten aktiv werden. „Ich erwarte von den Fluggesellschaften, dass sie ihre betrieblichen Abläufe so gestalten, dass Verspätungen die Ausnahme bleiben und nicht die Regel.“Er ergänzte: „Auch der Staat muss seine Hausarbeiten machen.“So schlägt er vor, die Personenkontrollen moderner zu organisieren. „In Amsterdam-Schiphol kann man sehen, dass es schneller geht.“
Verbraucherschutzministerin Katarina Barley ruft die Fluggesellschaften auf, ein funktionierendes Beschwerdemanagement aufzubauen. „Die Airlines müssen transparenter machen, warum ein Flug ausgefallen oder stark verspätet ist“, sagte die SPD-Politikerin. Da gebe es „noch Luft nach oben“.
Die Reiseexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Marion Jungbluth, sprach von einem„Sommerdrama“, das Reisende erlebten. Es gebe massenhafte Flugausfälle bei Lufthansa und Eurowings, und nun lasse auch noch der Streik bei Ryanair Urlaubspläne platzen. Das sei „bitter für Verbraucher“, da es bei Streik laut EU-Fluggastrechte-Verordnung keine Entschädigung gebe.Wenn eine Airline keinen Ersatzflug oder eine andere Reisealternative anbiete, bleibe den Verbrauchern nur, „das Ticket zurückzugeben und ihr Geld zurückzufordern“, so Jungbluth. „Die katastrophalen Zustände in der Flugbranche müssen die Bundesregierung endlich zum Handeln veranlassen“, forderte die Verbandssprecherin. Es sei Aufgabe der Politik, die Fluggesellschaften zu „mehr Verlässlichkeit“zu bewegen.