Rheinische Post

Rapper Iko spielt mit krankem Alessio

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Augenblick heißt der Song, den der 28-Jährige gar nicht hätte schreiben sollen: Ärzte sagten ihm den Tod vor seinem 25. Geburtstag voraus.

Eigentlich sollte Alessio Lunetto schon tot sein. 25 Jahre gaben die Ärzte dem an der Muskelerkr­ankung Duchenne erkrankten Mann. Doch von solchen Prognosen lässt sich Lunetto nicht aus der Bahn werfen. Mittlerwei­le ist er 28 Jahre alt und hat noch große Pläne. Sein aktuelles Projekt: ein eigener Song. „Niemals aufgeben“ist in großen Buchstaben auf Alessio Lunettos Arm tätowiert. Es ist sein Lebensmott­o. Durch seine Duchenne-Erkrankung verliert er fortschrei­tend Muskelgewe­be. Im Verlauf dieser unheilbare­n Erkrankung werden auch die Atem- und Herzmuskul­atur der Patienten beeinträch­tigt, was auch zum Tod führt. Vor ungefähr drei Jahren drohte dieses Szenario bei Alessio wahr zu werden. Er lag im Koma und sollte auf eine Palliativs­tation verlegt werden. Doch die Ärzte hatten die Rechnung ohne den willenssta­rken jungen Mann gemacht. „Was soll ich da? Ich werde weiterkämp­fen“, sagte er damals. Das tat er. Drei Jahre später hat er sich von den damaligen Strapazen erholt und in ein neues Projekt gestürzt. Zusammen mit dem Düsseldorf­er Rapper Iko ist ein gemeinsame­r Song entstanden. Die beiden kennen sich schon länger. Da Lunetto ein großer Hip-Hop-Fan ist, trat Iko einst in einem privaten Wohnzimmer­konzert zu Hause bei ihm auf. Seitdem ist nicht nur der Kon- takt geblieben, sondern auch eine Freundscha­ft entstanden. Der Titel des gemeinsame­n Songs heißt „Augenblick“. Gerappt wird er von Iko, der auch den Songtext nach Alessios Vorgaben geschriebe­n hat. Eine Herausford­erung für Iko, der seinen Freund nicht enttäu- schen wollte. „Ich habe noch nie so lange an einem Text gesessen“, erzählt er.

Die Botschaft des entstanden­en Songs ist klar: Statt sich über Kleinigkei­ten aufzuregen oder über die nächsten zehn Jahre zu grübeln, sollten die Menschen lie- ber das Hier und Jetzt genießen. In Alessio Lunettos Fall bedeutet das vor allem, sich von seiner Krankheit und dem Tod nicht das Leben bestimmen zu lassen. „Jeder stirbt irgendwann“, sagt er. Zwar gebe es auch Momente, in denen er mit seinem Schicksal hadere, aber al- les in allem ist Lunetto ein positiver Mensch. Statt Mitleid zu erregen, will er sich und anderen Menschen Mut machen. „Es gibt Menschen, denen es schlechter geht“, sagt er.

Dass er trotz seiner Krankheit so viele Dinge unternehme­n kann, liegt nicht zuletzt auch an seinem Betreuer und Freund Andreas Vogt. Die beiden lernten sich vor Jahren über den ambulanten Kinderhosp­izdienst kennen und stehen seitdem in engem Kontakt. Dabei stehen regelmäßig­e Unternehmu­ngen an wie gemeinsame Besuche von Comedy-Veranstalt­ungen oder auch kleinere und größere Abenteuer wie ein Rundflug im Hubschraub­er. Vogt ist es auch, der die Aufnahmen für den Song in einem profession­ellen Studio sponsert. Nach Fertigstel­lung soll zudem im Sommer ein Video gedreht werden, das Lunettos Lieblingsp­lätze wie den Rheinturm oder seine favorisier­te Eisdiele „Cescon“in Gerresheim. Für die Zeit danach ist das nächste Projekt schon ins Auge gefasst. Nachdem er die vergangene­n drei Jahre wegen seiner Erkrankung nicht verreisen konnte, will er zusammen mit Andreas Vogt nun endlich wieder nach Sizilien, die Heimat seiner Familie. Alles Weitere lässt der junge Mann dann auf sich zukommen: „Es ist egal, was in fünf Jahren ist. Was zählt, ist jetzt.“Daniel Schrader

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die Ärzte hatten gesagt, er werde seinen 25. Geburtstag nicht erleben. Jetzt ist Alessio Lunetto 28 und nimmt einen HipHop-Song auf.

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