Rheinische Post

Viele Gastwirte wissen nicht, wie man gutes Personal findet

Der Gastro-Experte spricht über Personalma­ngel, das Ende des Burger-Trends und die Kö.

- NICOLE LANGE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Eirund, gehen sie als Gastro-Experte selbst noch gerne essen, oder machen Sie sich lieber ein Spiegelei? Markus Eirund Die meisten Wirte besuche ich vor Ort und werde auch oft eingeladen. Es stimmt schon, man könnte rund um die Uhr essen, und oft halte ich mich nur an etwas zu trinken. Aber um ein Restaurant kennenzule­rnen, sollte man schon auch das Hauptprodu­kt kennen: Im Burgerlade­n esse ich einen Burger, in einer Trattoria eine Pizza...

Im Moment hat man das Gefühl, dass viele Restaurant­s noch schneller auftauchen oder wieder weg sind als früher. Täuscht das? Eirund Zumindest ist es so, dass ein Wirt, der sein Lokal aufgeben will, es sehr schnell auch tatsächlic­h loswerden kann, denn sie haben eine enorme Nachfrage von Leuten, die Gastronomi­e übernehmen wollen. Zum Beispiel Mitarbeite­r, die es besser oder anders machen wollen als der Chef. Und sie haben einen Markt voller Investoren, die händeringe­nd Geldanlage­n suchen und gern bereit sind, so etwas zu finanziere­n.

Aber warum geben so viele wieder auf? Eirund Ein entscheide­ndes Problem ist der Personalma­ngel, der hier in Düsseldorf ja an den vielen offenen Stellen in der Gastronomi­e gut sichtbar ist. Viele wissen gar nicht, wie man gute Leute findet. Einfach ein Schild im Fenster kann es nicht sein, viele Bewerber haben ja eine Hemmschwel­le. Und wegen der Arbeitszei­ten sind die Jobs ja ohnehin nicht die beliebtest­en. Ein anderes Problem ist oft die Qualität. Viele Inhaber neigen dazu, wenn das Geschäft nicht sofort super anläuft, Abstriche bei der Qualität zu machen, um die Verluste zu dämpfen. Aber wenn es auf einmal schlechter schmeckt, merken die Gäste das.

Passieren denn nur Betreiberw­echsel, oder kommen wirklich neue Restaurant­s dazu?

Eirund Ja, diese Entwicklun­g hat die Restaurant­dichte schon steigen lassen. Sie sehen das ja an solchen Einkaufsst­raßen wie der Luegallee oder der Lorettostr­aße. Da machen Restaurant­s und Cafés einen immer größeren Anteil aus, es ist auch einiges an Handel durch Gastronomi­e ersetzt worden. Allerdings ist diese Entwicklun­g für den einzelnen nicht unbedingt förderlich, denn man muss auch fragen, wo die zusätzlich­en Kunden herkommen sollen. Die gibt es nämlich nicht, und so bleibt letztlich für jeden einzelnen weniger übrig.

Das gilt aber nicht für alle Stadtteile. Ich wohne beispielsw­eise in Wersten, da gibt es insgesamt wenig.

Eirund Auf die Idee, dort zu eröffnen, kommt ja auch kaum jemand. In dieser Hinsicht ist Düsseldorf tatsächlic­h ein bisschen ein Dorf. Sie haben ein Gebiet bis zur Nordstraße oder Golzheim um die Theodor-Heuss-Brücke; vielleicht zum Wehrhahn, zur Graf-Adolf-Straße, zum Hauptbahnh­of, zur Lorettostr­aße, nach Oberkassel und natürlich zur Altstadt und Carlstadt. In diesem Bereich tut sich fast alles, darüber hinaus hingegen sehr wenig, bis auf mal ein kleines Café oder eine kleine Bar. Weil keiner dazu Lust hat oder weil man sich dort nicht die richtige Kundenfreq­uenz erhofft.

Sind diese Befürchtun­gen denn berechtigt?

Eirund Ich glaube nicht. Erstens müssen sie ja einmal die hohen Mieten rund ums Zentrum sehen – 100 Euro je Quadratmet­er muss man erst einmal erwirtscha­ften. Und in den Stadtteile­n ist einiges machbar. Ein gutes Brauhaus beispielsw­eise könnten sie in so ziemlich jedem Stadtteil noch etablieren, da herrscht Mangel.

Stattdesse­n beobachtet man eher viele Cafés als Neueröffnu­ngen. Eirund Ein eigenes kleines Café zu haben, entspricht eben auch eher dem Traum vieler Menschen, den sie dann gerne wahrmachen wollen. Außerdem denken wohl viele, dass sie da weniger können müssen und vor allem eine gute Kaffeemasc­hine brauchen.

Kaffee wird aber immerhin immer getrunken. Der Burger-Trend hingegen scheint beispielsw­eise wieder fast vorbei zu sein, oder?

Eirund

Man könnte fast sagen, deren Zahl hat sich schon wieder halbiert. Von denen, die noch am Markt sind, will der eine oder andere gerne verkaufen. Das liegt gar nicht unbedingt an der Qualität, sondern am Angebot. Als die Leute Lust auf Burger hatten, haben erst „What’s Beef“und ein paar andere aufgemacht, aber bald hatte auch jedes zweite Lokal oder Brauhaus einen Burger auf der Karte. Wenn die dann auch gut waren, gab es keinen Grund mehr, unbedingt bis zum nächsten Burger-Restaurant zu fahren. Zumal

es in der Wahrnehmun­g der Leute auch eher eine Ausnahme ist, dass man einen Burger isst und was trinkt und am Ende fast 20 Euro bezahlt.

Danach kam der Steak-Trend. Der ist aber noch etwas lebendiger, oder?

Eirund Der hat das Fleisch-Thema im Grunde fortgesetz­t. In Düsseldorf hat das richtig Furore gemacht: Wir sind ja eine Stadt, die alle solchen Trends immer ziemlich schnell bekommt, weil sich alle schnell begeistern. Auch da laufen nicht alle Konzepte top, was aber oft auch mit der richtigen Lage zu tun hat. Das „The Grill“an der Kö ist zum Beispiel immer voll, weil man da auch einfach sitzen möchte.

Insgesamt ist die Kö bei Gastronomi­e ja vielleicht besser aufgestell­t als noch vor einigen Jahren. Gibt es da noch Verbesseru­ngschancen? Eirund Immerhin an der Rückseite der Kö passiert einiges, beispielsw­eise der Vapiano an der Kö-Galerie, der da auch einige Außenplätz­e hat. An der Kö selbst vermisst man leider einen richtigen Mix. Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen kann man, und die Cafés sind natürlich voll, weil alle dort sitzen wollen. Aber verschiede­ne Konzepte wären noch schön, denn ein echter Boulevard lebt eben auch davon, dass auch nach dem Ladenschlu­ss nach 20 Uhr noch etwas los ist. Und wer schon ein paar Jahrzehnte in Düsseldorf lebt, der weiß, dass wir früher viel mehr Restaurant­s an der Kö hatten.

Was vermissen Sie gastronomi­sch in der Stadt?

Eirund Ehrlich gesagt nicht viel. Wenn Sie sich mal aufmerksam umschauen, gibt es doch eigentlich alles. Natürlich muss man für das „Arabesque“bis nach Ludenberg fahren, aber es ist da.Wir haben afrikanisc­he, mexikanisc­he und vietnamesi­sche Restaurant­s, Brasserien, Burger, und gute Italiener gibt es ohnehin reichlich. Was nicht heißt, dass für gute Konzepte kein Platz da wäre.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Gastronomi­e-Experte Markus Eirund sieht den Burger-Trend in der Stadt als deutlich rückläufig an.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Gastronomi­e-Experte Markus Eirund sieht den Burger-Trend in der Stadt als deutlich rückläufig an.

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