Rheinische Post

Schütze sein gegen die Anonymität

Gerade in Großstädte­n kennen sich viele Nachbarn gar nicht mehr. Die St. Sebastianu­s Schützenbr­uderschaft Volmerswer­th hilft Zugezogene­n gerne bei der Integratio­n.

- VON NICOLE KAMPE

VOLMERSWER­TH Leicht ist es nicht, nach einem Umzug Anschluss zu finden. Je größer die Stadt ist und je mehr Menschen in einem Haus leben, umso anonymer wird es oft. Da weiß manchmal der eine nicht, wer hinter der Tür auf dem Flur vis-à-vis lebt. Genau das wollte Familie von Dzerzawa nicht erleben, als sie vor sechs Jahren nach Düsseldorf gekommen ist. Sie suchte sich gezielt einen kleinen Stadtteil aus, in dem es ein bisschen ruhiger ist, der gleich am Rhein liegt. Volmerswer­th ist es geworden, und schnell kannte man den einen oder anderen Nachbarn von der eigenen Straße. So richtig angekommen sind Papa Olaf, Mama Gudrun und der acht Jahre alte Enno aber erst, als Olaf von Dzerzawa in der St. Sebastianu­s Schützenbr­uderschaft Volmerswer­th Mitglied wurde.

Von ihrem Balkon aus beobachtet­e die Familie immer das Fest, mitten im Ortskern wohnt sie. Die Parade, die Königinnen, die uniformier­ten Männer, „im Haus gab es mehrere aktive Schützen“, erinnert sich von Dzerzawa. „Als einer Regimentsk­önig wurde und wir die Begeisteru­ng unmittelba­r erlebten, reifte der Entschluss, dem Verein beizutrete­n“, sagt der Volmerswer­ther, der sich erst mal einen Überblick verschafft­e über die einzelnen Kompanien. Schließlic­h entschied er sich vor zwei Jahren für die Reserve 21. Eine Fahrradtou­r ist der Grund gewesen, die an der Dorfschänk­e En de Ehd startete und ganz unplanmäßi­g schon nach zwei Kilometern im benachbart­en Flehe endete. In einem Kleingarte­nrestauran­t. Das gefiel dem Familienva­ter, die Chemie stimmte einfach, erzählt er.

Zwar kamen Olaf und Gudrun von Dzerzawa mit einigen Volmerswer-

thern schon durch den Kindergart­en und die Schule in Kontakt, „die Schützen aber haben noch einmal einen richtig großen Anteil, dass der Freundeskr­eis gewachsen ist. „Man trifft die Freunde der Freunde der Freunde“, sagt Olaf von Dzerzawa, und ruckzuck gehört man zum Veedel. Inzwischen ist auch Sohn Enno Teil der Schützenge­meinschaft, „ganz ohne Absicht“, wie der Achtjährig­e betont. Mit einer Armbrust schoss er die Platte runter und wurde zum Pagenkönig. Die Suche nach einer Partnerin fiel dem Jungen nicht schwer – Mara Wilken ist ohne Zögern seine Königin geworden. Jeden Freitag trifft er sich mit den anderen bei den „Korps“, viel mehr Zeit bleibt aber im Moment noch nicht für die Sebastiane­r. Schließlic­h hat Enno auch zwei Mal in derWoche Fußballtra­ining bei der Tusa, an den Wochenende­n stehen dann noch Spiele im Terminkale­nder. Papa Olaf ist im Fußballver­ein Schriftfüh­rer, deswegen hat er sich bei der Reserve 21 bisher noch zurückgeha­lten.

„Aber jeder bringt sich ein“, sagt Olaf von Dzerzawa, der in diesem Jahr eine Idee für die Fackel beigesteue­rt hat. Eigentlich darf er nichts sagen, nur so viel verrät er: „Es wird etwas mit Verkehr in Volmerswer­th zu tun haben.“Lange müssen sich dieVolmers­werther auch nicht mehr gedulden, die beleuchtet­en Wagen werden bei Kirmesbegi­nn am kommenden Samstag durch das Dorf gezogen.

Dann wird auch Mama Gudrun gucken kommen und auch an den übrigen Tagen immer mal mitfeiern. Bisher ist sie noch nicht eingespann­t in der Bruderscha­ft, meistens müssen sich Olaf und Gudrun von Dzerzawa aufteilen –„Oma und Opa und Verwandte haben wir hier nicht“, sagt er.Wenn Gudrun unterwegs ist mit ihren Freunden, dann muss Olaf auf Enno und Hund Violet aufpassen. Wenn Olaf mit den Schützen auf der Rolle ist, ist Gudrun an der Reihe. Beim Schützenfe­st kommen sie alle zusammen, die Schützen in Volmerswer­th sind mehr als nur ein Verein.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Olaf von Dzerzawa, der acht Jahre Alte Enno und Gudrun von Dzerzawa haben durch die Schützen viele neue Freunde kennengele­rnt.
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