Rheinische Post

In der Schwebe

Im Juni erhielten die Mieter der Bongardstr­aße 4 Post: Ihr Haus wurde verkauft. Was damit passieren soll, finden sie nicht heraus.

- VON LAURA IHME

Diese Geschichte beginnt mit einem Brief. Einem unscheinba­ren Brief, weißes Papier, DIN A4. Er kommt Ende Juni. Die Düsseldorf­er Busch Immobilien GmbH teilt den Mietern der Bongardstr­aße 4 darin mit, dass die MP Marie GmbH ab dem 1. Juli der neue Eigentümer ihres Hauses ist. Die Miete sei fortan an eine Bank in Niedersach­sen zu überweisen. Für die Mieter beginnt die Suche nach der Identität des Eigentümer­s und nach einer Antwort auf die Frage, was er mit den Wohnungen vorhat. Auf der Seite eines Unternehme­ns aus Bayern taucht das Haus schließlic­h als

Projekt auf.

„In diesem ersten Brief stand noch nicht einmal, wo dieser neue Eigentümer sitzt, es gab keine Adresse, um ihn einmal zu kontaktier­en“, sagt Martin Weise*. Er fühlt sich an der Bongardstr­aße 4 wohl, sie ist sein Zuhause. Jetzt hat er Angst, es zu verlieren. Weise bittet beim Amtsgerich­t um Einsicht ins Grundbuch. Die MP Marie ist demnach nun als Eigentümer­in im Grundbuch eingetrage­n, sie sitzt in Grünwald. Eine Internetre­cherche ergibt: Einer der Geschäftsf­ührer der Firma ist auch Geschäftsf­ührer der Mamisch Family Office GmbH. Die wiederum hat die gleiche Geschäftsa­dresse wie die MP Marie – und führt die Bon- gardstraße 4 auf ihrer Internetse­ite als Projekt, beschrifte­t mit dem Titel „Entwicklun­g Eigentumsw­ohnungen“. Weise ist sich sicher: Das kann nur heißen, dass er und seine Nachbarn aus dem Haus ausziehen sollen.

Es ist ein schönes Haus dort im Stadtteil Pempelfort. Gebaut wurde es 1958, das Treppenhau­s ist rund. Wie es mit alten Häusern aber so ist, gibt es hier und da auch immer wieder Mängel, die ausgebesse­rt werden müssen.Weise hat einige davon auf seiner Liste. Der Voreigentü­mer – die GSK Cityimmobi­lien GmbH aus Köln – habe sich nicht gut genug gekümmert, sagt er. Das Unternehme­n hatte das Haus 2008 von einer Erbengemei­nschaft erworben, seither immer wieder im gesetzlich­en Rahmen, wie die Bewohner sagen, die Miete erhöht. Im Haus aber habe sich nicht viel getan. Die GSK bestreitet das auf Anfrage unserer Redaktion, alle Mängel seien beseitigt worden – bei einigen Mietern habe man allerdings Probleme, in die Wohnung zu kommen, um letzte Arbeiten fertigzust­ellen.

Weise erhält ein weiteres Schreiben von der neuen Immobilien­verwaltung. Man bittet um einen Gesprächst­ermin, später auch am Telefon. Der Mieter will zunächst wissen, was mit den Mängeln ist. Für die sei man nicht zustän-

dig, sondern nur für den Verkauf, heißt es. Denn: Busch Immobilien ist sowohl als Hausverwal­ter aktiv, vermarktet aber auch Wohnungen und hilft beim Verkauf. Einigen Mietern des Hauses soll das Unternehme­n deshalb sogar Geld angeboten haben für den Fall, dass sie sofort ausziehen. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt das Unternehme­n auf die Frage, ob dies der Fall sei, man wisse davon nichts, würde aber noch einmal nachforsch­en. Eine weitere Rückmeldun­g gibt es nicht. Allerdings, erklärt man uns auch, dass die Mieter nicht ausziehen müssten, schließlic­h gelte der Mieterschu­tz und ein Kauf breche den Mietvertra­g nicht. Eine konkrete Antwort, was der neue Eigentü- mer mit dem Haus vorhat, liefert der Verwalter nicht.

Martin Weise versucht ebenfalls immer wieder, Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Bislang ohne Erfolg. Er möchte erst wissen, was mit seinem Zuhause geschehen soll, bevor er sich auf ein Treffen mit der Immobilien­verwaltung einlässt. Er sagt, natürlich möchte er bleiben. Er sagt aber auch, dass, wenn es keine Möglichkei­t zu bleiben gibt, er das akzeptiere­n müsste. Nur Gewissheit möchte er und will nur einmal mit dem Eigentümer sprechen.

Vieles habe sich verändert. Wenn jemand ausgezogen sei, habe man beispielsw­eise nicht immer neu vermietet. Wohnungen sollen jetzt mehr über Portale wie zum Beispiel AirBnB vergeben worden sein.

Anfrage unserer Redaktion bei der Mamisch Family Office GmbH:Was hat es mit der MP Marie auf sich? Was soll an der Bongardstr­aße entwickelt werden, und was bedeutet das für die Mieter? Ist es korrekt, dass ein Großteil der Wohnungen über AirBnB und andere Portale genutzt wird? Wurde Bewohnern des Hauses Geld geboten, damit sie ausziehen? Zwei Mails bleiben unbeantwor­tet, am Telefon heißt es dann, man habe die Nachricht erhalten, werde aber kein Statement abgeben, auch eine dritte E-Mail danach wird nicht beantworte­t.

Martin Weise will weiter dranbleibe­n, bis er Gewissheit hat, was mit seinem Zuhause geschehen soll. Bis dahin verharren er und seine Nachbarn in der Schwebe.

*Name von der Redaktion geändert

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FOTO: ANDREAS BRETZ Das Haus an der Bongardstr­aße 4 ist für viele Mieter schon lange ein Zuhause. Nun ist es verkauft worden – Ausgang ungewiss.

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