Harter Kampf ums Überleben
Im Katastrophengebiet in Indonesien herrscht nach Erdbeben und Tsunami nackte Verzweiflung. Während die Zahl der Toten steigt und steigt, suchen Überlebende in den Trümmern nach Grundlegendem – und flehen um mehr Hilfe.
PALU (ap) Das Leben in Palu steht still. Tausende Bewohner der größten Stadt im indonesischen Katastrophengebiet müssen in Zelten und Notunterkünften hausen, seitdem Erdbeben und ein Tsunami die Insel Sulawesi heimsuchten. Die Küste ist eine Trümmerlandschaft: Schutt, gestrandete Boote, kopfüber liegende Autos und Ruinen, wo einmal Häuser standen. Auf Gebäude, die noch einigermaßen intakt sind, haben Verzweifelte Hilferufe gesprüht.
Auch gut eineWoche nach der Katastrophe weiß niemand, wann wieder so etwas wie Normalität in das Leben einkehrt. Erstmal dreht sich alles ums Überleben. Jeden Tag suchen die Menschen stundenlang nach dem Notwendigsten wie Benzin für Generatoren, doch oft vergeblich. Einige haben sich darauf verlegt, sich in einem vom Tsunami zertrümmerten Lagerhaus durch stinkende Haufen durchgeweichter Lebensmittel zu wühlen: Konservendosen mit Kondensmilch, Erfrischungsgetränke, Reis, Süßigkei- ten, Schmerzmittel. Andere karren Wellblech, Holz, Rohrleitungen oder andere Werkstoffe weg, um daraus eine behelfsmäßige Behausung zu basteln. Oder es zu verkaufen.
Nicht wenige haben Güter wie Motorenöl, Reifen, Keramikfliesen und Ackergeräte mitgehen lassen – und es dann mit der Polizei zu tun bekommen. Wegen Plünderei seien 92 Personen festgenommen worden, melden die Behörden. Diese hatten verzweifelten Dorfbewohnern zwar erlaubt, sich aus Läden Lebensmittel zu nehmen, aber keine anderen Sachen. Im Unglücksgebiet werden nun die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.
Anwohner Andi Rusding kauert mit seiner großen Familie unter einer Zeltplane und wünscht sich mehr Hilfe. Einiges an Unterstützung haben sie schon bekommen, doch sei die Verteilung von Gütern ungleichmäßig. Sie fühlten sich zu kurz gekommen. Masrita Arifin hat im selben Lager Zuflucht gefunden. Am meisten habe sie Angst vor einem neuen großen Beben, sagt sie. Sie habe Gerüchte gehört. FalscheWarnungen sind seit dem verheerenden Erdbeben und Tsunami im Umlauf, der Katastrophenschutz mahnt die Leute, sich nur auf glaubwürdige Informationsquellen zu verlassen.
Die Zahl der Todesopfer ist nach Behördenangaben mittlerweile auf mehr als 1400 gestiegen, Tausende weitere wurden verletzt. Mehr als 70.000 Anwohner mussten ihre Häuser verlassen. Und die Zahl der Toten dürfte steigen, da Einsatzkräfte sich noch immer durch betroffene Gegenden kämpften. Suchaktionen seien vor allem in Gebieten zäh, wo viel Land durch das Beben praktisch weggesackt sei, so der Katastrophenschutz.
In einem Gebiet sei ein 202 Hektar großes Stück Land gleichsam vom Boden verschluckt worden, während in einem anderen Dorf 180 Hektar Land weggesunken sei, sagt Nugroho. Dabei seien 168 Häuser in drei Meter tiefem Schlamm begraben. Zwei Dutzend Bagger und schweres Gerät seien im Einsatz, um Opfer herauszuholen. Weitere Hilfe sei unterwegs.
Auch die internationale Hilfe für das gesamte Katastrophengebiet läuft an. Singapur, Südkorea, Großbritannien und Japan schicken Militärtransportflugzeuge, auch deutsche Helfer beteiligen sich. Konzerne von Weltrang wie Google und Apple haben finanzielle Unterstützung zugesagt – zusätzlich zu 15 Millionen Dollar von den Vereinten Nationen und weiteren Millionen von etlichen Staaten.
Ein Dorfbewohner namens Bambang vermutet, dass viele Opfer überlebt hätten, wenn die Hilfe schneller gekommen wäre. Er habe nach dem Beben und Tsunami einen verletzten Freund entdeckt, der unter Trümmern eingeschlossen gewesen sei, sagte er einem örtlichen TV-Sender. Doch habe er selbst zu diesem Zeitpunkt nach seiner schwangeren Frau gesucht und ihm nicht helfen können.