Zwei konsequente Künstler: Kaiser & Albrecht
Im Kunstverein stellen die beiden Künstler erstmals gemeinsam ihre Objekte aus. Die Schau wird heute Abend eröffnet.
Beim Betreten des Krefelder Kunstvereins fällt der Blick auf eine Skulptur mit dem Titel „Kauernde – Mond/Frau“(1986) nicht größer als 80 Zentimeter, geschaffen von Hans Joachim Albrecht. Der feine weiße Kalkstein trägt menschliche Gesichtszüge. Rechts davon hängen Arbeiten von Doris Kaiser, und mittig im Raum steht ein Quadrat aus Gips, auch diese Arbeit ist von Kaiser. Sie nimmt Bezug auf eine größere Arbeit, es ist ein dünn bemalter Holzstamm, den Albrecht 1972 am Rhein gefunden hat. Diese Sichtachsen sind kennzeichnend für die Ausstellung„Konsequent“, die heute im Kunstverein, Westwall 124, eröffnet wird.
Sichtachsen setzen sich auch im Obergeschoss fort. Womit der Titel der Ausstellung seine räumliche Entsprechung findet. Raum, Mate- rialität und dem Material Raum lassen, könnte als verbindendes Element zwischen den Arbeiten der beiden Künstler stehen.
Kaiser begegnete Albrecht zum ersten Mal, als sie zwischen 1981 und 1988 an der Fachhochschule Krefeld studierte, wo er lehrte. „Bei meinen eigenen Arbeiten war ich immer sehr konsequent, und Doris Kaiser zählte zu den konsequentesten Studenten, doch ich habe nie versucht, einen meiner Studenten in mein Fahrwasser zu ziehen - mein Atelier durften sie erst nach Abschluss ihres Studiums besuchen“, erzählt Albrecht. Über viele Jahre halten die beiden Künstler Kontakt. „Konsequent“ist nun ihre erste gemeinsame Ausstellung. Der Titel war Albrechts Idee, geplant und umgesetzt haben sie die Ausstellung gemeinsam. Kaisers Gipsarbeiten tragen trotz ihrer Schlichtheit und Reduktion auf das pure Materi- al ein Rätsel in sich: Was steckt unter der schneeweißen Gipsschicht? Wohin führt die graue Tonspur?„Ton und Gips haben viel mit unserer menschlichen Existenz zu tun, sie haben etwas sehr Ursprüngliches“, sagt Kaiser.
Sie arbeitet mit einem alltäglichen Abdruckverfahren, gießt Gips auf eine Spanplatte, eine selbstge- baute Kiste oder andere Formen und fügt in einigen Arbeiten ungebrannten Ton hinzu. Im Gips bleibt eine dünne Tonspur zurück. Das Material, so Kaiser, habe Raum etwas zu tun, worauf die Künstlerin keinen Einfluss nehmen kann. Nach außen wirken ihre Objekte sehr geformt und architektonisch genau, doch bei genauerem Hinsehen gibt es eine innere Freiheit, die jedem Material eigen ist.
Bewegung im Raum ist das Stichwort für Albrechts Skulpturen. Der Betrachter geht um die raumgreifenden Arbeiten herum, sucht nach menschlichen Formen wie Gesichtszüge oder gedrehte Torsi, und tatsächlich wirkt es so, als kämen die Formteile auf den Betrachter zu: „Die Bewegung des Körpers ist für mich ein wichtiges Element“, sagt Albrecht, der in seiner künstlerischen Laufbahn mehrfach mit der Choreografin Sabine Seume zusam- men gearbeitet hat. Gerade beim zeitgenössischen Tanz interessiere er sich für Situationen, die kein normales Körperprofil zeigen, beispielsweise wenn der Tänzer seinen Fuß neben den Kopf eines anderen Tänzers stellt, der auf dem Boden liegt. „Das kann ich mir gut merken und zeichne dieses dann für spätere Arbeiten in mein Skizzenbuch“, sagt er.
Albrecht arbeitet unter anderem mit Stahlblech, einem Plattenmaterial, das sich für stark reduzierte Körperumrisse sehr gut eignet. Im Obergeschoss des Buschhüterhauses ist zu sehen, wie der Künstler über massive Holz- und Steinfiguren zu „Figur-Zeichen“aus dünnen Metallplatten gekommen ist.
Die Ausstellung im Krefelder Kunstverein, Buschhüterhaus, Westwall 124, wird heute, 19 Uhr, eröffnet. Sie ist bis zum 11. November zu sehen.