Faber im Fight Club
Der zwölfte Dortmunder „Tatort“spielt im Kampfsport-Milieu – ist aber leider völlig überdreht.
DORTMUND Gas-Milliardär Oleg Kambarow (Samuel Finzi) ist einer der reichsten Menschen der Welt. Er sagt Dinge wie „Wenn man genug Geld hat, kann man alles kaufen.“Der Oligarch meint den Fußballverein Borussia Dortmund. So weit, so schlecht, denn der BVB ist börsennotiert; zu 60 Prozent gehört er Kleinanlegern, die man eben nicht einfach so ausbezahlen kann. Mit so groben wie unnötigen Logikfehlern ist der Dortmund-Krimi„Tod und Spiele“gespickt, der zu viel will und konsequent auf dicke Hose macht, wo weniger sehr viel mehr gewesen wäre.
Der Fall an sich birgt nämlich durchaus Potenzial: Eine verbrannte Leiche wird gefunden; der Mann ist offenbar an einem Schädelbruch gestorben. Insgesamt weist der Tote dutzende Knochenbrüche auf, die meisten nicht fachmännisch versorgt. „Buschdoktor; zusammengeflickt“, meldet Rechtsmedizinerin Greta Leitner (Sybille J. Schedwill). Die Ermittler kommen schnell darauf, dass der Mann bei einem illegalen Kampfsport-Turnier gestorben sein muss – und dann läuft’s.
Der neue Kommissar Jan Pawlak (Rick Okon) meldet sich undercover beim Training an und gewinnt flugs das Vertrauen eines Kämpfers. Die einsame Martina Bönisch (Anna Schudt) wirft sich an den schwerreichen Russen ran, der als Draht- zieher der brutalen Events gilt. Nora Dalay (Aylin Tezel) schmollt, weil sie sich um einen kleinen Jungen kümmern muss, der im Hotelzimmer des Toten gefunden wurde. Und Faber (Jörg Hartmann) klopft Sprüche, als wolle er nicht nur Schimanski beerben, sondern Büro-Ekel Stromberg gleich mit.
Spannend ist das alles durchaus, eindrucksvoll abstoßend auch, wenn der Zuschauer mit Bönisch in die Parallelwelt entführt wird, in der gelangweilte, dekadente Superreiche mit Karnevalsmasken und Champagner verzweifelte Kämpfer aus Osteuropa anfeuern, einander umzubringen. „Hahnenkämpfe ohne Hähne“– da hat Faber schon recht. Mord im klassischen Sinne ist das zwar nicht, aber die Dortmunder Drama-Queens ermitteln trotzdem wacker weiter und streuen sich gegenseitig kräftig Salz in ihre diver- sen Wunden. Mancher Spruch sitzt dabei vorzüglich, etwa Bönischs gefauchtes„Fahren Sie doch mal auf die Bahamas und besuchen Ihren Therapeuten, Faber!“als Reaktion auf eine ihrerseits gelungene Oligarchen-Parodie des Chef-Ermittlers.
Genießen lässt sich dieser Film dennoch nur, wenn man willens ist, über die schlaglochgroßen Logiklücken auf dem Weg zur Lösung des Falls hinwegzusehen. Nicht
nur die Ticketpreise und Prämien für die Kämpfer erscheinen arg hoch, vieles ist hier zwei Nummern zu groß. Schlimmer noch: Das Naheliegende gerät aus dem Blick. An dem geheimnisvollen Jungen, der sich nicht mitteilen kann, zeigt vor lauter Undercover-Gedöns niemand Interesse. Ein seltsamer Mix aus Til-Schweiger-Action-Klamotte und Münster-„Tatort“ist hier entstanden. Fazit: Als James Bond taugen weder Pawlak noch Bönisch, die ultra-heimliche Handy-Fotos macht, ohne auch nur das Auslöser-Geräusch abzustellen. Schön, dass wenigstens die Fassade von Griesgram Faber bröckelt.
„Tatort: Tod und Spiele“, Das Erste, So., 20.15 Uhr