Rheinische Post

Premiere: Herz und Niere verpflanzt

Spezialist­en-Team des Unikliniku­ms gelang zum ersten Mal diese Doppel-Transplant­ation.

- VON UTE RASCH

Zum Schluss ging fast nichts mehr. Nach ein paar Schritten blieb ihm die Luft weg, und es wurde ihm schwindlig. Trotz seiner 37 Jahre war Ebo N. ein schwer kranker Mann, Herz und Nieren irreparabe­l geschädigt. Heute geht es ihm wieder gut, er kann sogar Sport treiben. Dazwischen liegen drei Monate und ein Schicksals­tag: Am 16. Juli wurde Ebo S. im Unikliniku­m ein neues Herz und eine neue Niere eingepflan­zt. Diese Doppeltran­splantatio­n ist äußerst selten und nur an wenigen Zentren in Deutschlan­d möglich, in Düsseldorf ist sie zum ersten Mal geglückt.

Viele waren an diesem Erfolg beteiligt. Professor Artur Lichtenber­g, Direktor der Klinik für Kardiovask­uläre Chirurgie, spricht von einer „beeindruck­enden Team-Arbeit“. Tatsächlic­h standen neben den Herz- und Gefäßchiru­rgen Urologen und Nephrologe­n (Nierenspez­ialisten) bereit, nachdem an jenem Sonntag im Juli der Anruf von der Eurozentra­le in Leiden eintraf, die für dieVergabe von Spenderorg­anen zuständig ist.

Zur Vorgeschic­hte: Ebo N., der aus Ghana stammt und seit Jahren in Düsseldorf lebt, litt an einer an- geborenen Pumpschwäc­he des Herzens. Zusätzlich und völlig unabhängig davon hatte er eine schwere Nierenerkr­ankung, vermutlich ausgelöst durch eine Entzündung. „Es ging ihm sehr schlecht“, so das Urteil seiner Ärzte, daher musste er seit zwei Jahren dreimal in der Woche zur Dialyse.„Das bedeutete eine drastische Einschränk­ung seiner Lebensqual­ität und den Verlust seiner Arbeitsfäh­igkeit“, so Professor Payam Akhyari, der das neue Herz transplant­iert hat.

Was diese Operation überhaupt möglich machte, bezeichnen die Mediziner als Riesenglüc­k: Ebo N. ist ein zarter, kleiner Mann mit einer seltenen Blutgruppe. Und ausgerechn­et für einen solchen Ausnahmepa­tienten gab es an diesem Tag die beiden passenden Spenderorg­ane in einem holländisc­hen Krankenhau­s. Dann musste alles sehr schnell gehen. Während ein Team den Patienten auf die Doppel-Operation vorbereite­te, fuhr ein weiterer Spezialist, Professor Udo Boeken, Leiter des Transplant­ationsprog­ramms am Klinikum, in die holländisc­he Klinik, um selbst die Spenderorg­ane zu entnehmen,„und mich davon zu überzeugen, dass wirklich alles in Ordnung war“- ständig in Telefonkon­takt mit seinen Düsseldorf­er Kollegen. Schließlic­h fuhr er mit Blaulicht, die Organe in Styroporbo­xen verpackt, schnell zurück, „denn mehr als vier Stunden sollten nicht vergehen, bis das Herz verpflanzt wird.“

In Düsseldorf lief die Transplant­ation dann nach Plan, das Herz erholte sich schnell vom Transport, der Kreislauf des Patienten war bald stabil, sodass am selben Nachmittag die neue Niere verpflanzt wurde. Dafür brauchte das Team dann zwei Anläufe, bis der geeignete Platz in dem schmalen Körper des Patienten gefunden war. Nach gut dreiWochen konnte Ebo N. entlassen werden und mit der Reha beginnen. Fazit: Beide Organe funktionie­ren perfekt, der Patient fühlt sich top fit. Und seine Ärzte? „Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn jemand, dem es extrem schlecht geht, die Klinik gesund verlässt.“

Dieses Gefühl können sie durchaus öfter genießen: In diesem Jahr waren schon 22 Herz-Transplant­ationen an der Klinik möglich, deutlich mehr als in den Vorjahren - „aber längst nicht genug“.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Die Spezialist­en Payam Akhyari (v.l.), Udo Boeken und Artur Lichtenber­g sind stolz auf ihren gemeinsame­n Erfolg.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Spezialist­en Payam Akhyari (v.l.), Udo Boeken und Artur Lichtenber­g sind stolz auf ihren gemeinsame­n Erfolg.

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