Seehofer kämpft um seine Ämter
Während Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in München damit beginnt, eine neue Regierung zu bauen, bröckelt die Koalition in Berlin. Die Kritik am CSU-Chef wird lauter.
BERLIN Die Wahlschlappen für CSU und SPD in Bayern sind am Montag vorerst ohne personelle Konsequenzen geblieben, haben aber die große Koalition in Berlin mit Blick auf die Hessen-Wahl am 28. Oktober in Nervosität versetzt. Die CSU vertagte die Aufarbeitung des historischen Wahldebakels auf die Zeit nach der Wiederwahl von Ministerpräsident Markus Söder und die Bildung einer neuen Landesregierung, die voraussichtlich mit den FreienWählern erfolgen soll. Parteichef Horst Seehofer gab bekannt, dass er an den Sondierungen zur Regierungsbildung teilnehmen werde und man erst Ende November oder Anfang Dezember über strategische, programmatische und personelle Konsequenzen beraten werde.
In einer Sitzung des CSU-Vorstands kritisierten der frühere Parteichef Theo Waigel und der frühere Landespolitiker Thomas Goppel nach Informationen unserer Redaktion Seehofer scharf. Waigel warf dem CSU-Chef in diesem Zusam- menhang auch Schwächen im Amt als Bundesinnenminister vor. Konkret nannte er den wochenlangen Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen.
In der CDU hielten sich trotz des verbreiteten Unmuts über die Schwesterpartei Vorstandsmitglieder mit Rücktrittsforderungen gegenüber Seehofer zurück. Es herrschte die Befürchtung, dass da- mit eine Debatte um die politische Zukunft der eigenen Parteichefin, Angela Merkel, ausgelöst werden könnte. Das will die CDU mit Blick auf die Landtagswahl in Hessen unbedingt vermeiden. Deren Ausgang gilt in Parteikreisen auch als entscheidend dafür, ob Merkel beim CDU-Bundesparteitag in Hamburg im Dezember als Parteivorsitzende wiedergewählt wird.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer nannte die Verluste für die beiden Volksparteien CSU und SPD einen „klaren Schuss vor den Bug“. Die Koalition im Bund müsse nun endlich umsetzen, was sie vor sechs Monaten mühsam verhandelt habe. Der Wahlausgang in Bayern sei auch ein Reflex der Menschen auf die schwierige Regierungsbildung und die Streitereien innerhalb der Unionsparteien gewesen.
Ein Grund für die Stärke der Grünen sieht Kramp-Karrenbauer in deren Bereitschaft zur Regierungsbildung während der Jamaika-Sondierungen. Die FDP, die damals die Verhandlungen hatte platzen lassen, habe schlechter abgeschnitten.
SPD-Chefin Andrea Nahles erklärte unter dem Eindruck des Wahlergebnisses, das Schicksal der großen Koalition werde sich nicht unmittelbar entscheiden, sondern erst in den kommenden Monaten.Vertreter der SPD-Linken warnten jedoch abermals, dass die Sozialdemokraten offensichtlich nicht in der Lage seien, sich in der Regierung zu erneuern.