IW-Studie: Großer Nachholbedarf im Ruhrgebiet
Deutschlands größter Ballungsraum kämpft um den Anschluss bei der Wirtschaftskraft, den Fachkräften und der Infrastruktur.
DÜSSELDORF Für die Autoren des Gutachtens „Die Zukunft des Ruhrgebiets“war es ein schwieriger Spagat: Einerseits mussten die Experten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ungeschminkt die Probleme des größten Ballungsraums der Republik aufzeigen, zugleich die Potenziale, um nicht ein all zu katastrophales Bild der Lage zu zeichnen. Schließlich ist Auftraggeber der Studie der Arbeitgeberverband Unternehmer NRW. Und dessen Präsident Arndt Kirchhoff sitzt im Beirat der sogenannten Ruhr-Konferenz der Landesregierung. Er rief am Montag bei derVorstellung des Gutachtens dazu auf, man müsse„jetzt die Pfunde des Ruhrgebiets herausstellen und nicht in Problemen und Risiken denken“.
Gut gemeint, aber angesichts der besorgniserregenden Lage wohl nur schwer umzusetzen: Während andere Metropolregionen seit den 2000er-Jahren einen Boom sonder- gleichen erleben, fällt das Ruhrgebiet weiter zurück: Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag der Studie zufolge mit 32.059 Euro deutlich hinter dem anderer Metropolräumen (beispielsweise München mit 61.637 Euro oder Frankfurt mit 53.515 Euro). Der Strukturwandel ist den Autoren zufolge noch nicht abgeschlossen, der industrielle Sektor schrumpft weiter. Hinzu kommen eine hohe Arbeitslosigkeit, eine niedrige Frauenerwerbstätigkeit, das Abwandern von Fachkräf- ten und eine geringe Neigung, zu gründen. Zudem „verdichten sich Probleme im Bereich der Infrastruktur, der Bildung und Qualifizierung mit einer ungünstigen Finanzlage der Kommunen zu einem schwer zu durchschlagenden Gordischen Knoten negativer Indikatoren“, schreiben die Autoren.
Als eines der Grundprobleme nennt das IW die Struktur: Anders als München oder Hamburg mit einem klaren Zentrum, krankt das Ruhrgebiet an seiner aus vie- len einzelnen Industrie- und Bergbaustandorten bestehenden Struktur mit 15 eigenständigen Kreisen und einem Gebiet, das sich auf drei Regierungsbezirke verteilt.
Die IW-Autoren empfehlen, mehr Geld für die marode Infrastruktur bereitzustellen und Mittel zur Regionalförderung stärker in Richtung Westdeutschland umzuleiten. „Doch auch die Kommunen müssen umdenken und vor allem Gewerbeflächen schaffen, um Unternehmen anzulocken“, heißt es.