Rheinische Post

„Nur durch Öffentlich­keit entsteht Druck“

Ex-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans hat ein Buch über Steuertric­ksereien geschriebe­n.

- VON MARIE LUDWIG

DÜSSELDORF Der ehemalige NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans (SPD) hat ein Buch geschriebe­n, das er nun im Schloss Benrath vorgestell­t hat. „Steuern – der große Bluff“lautet der Titel des 288 Seiten langen Werks. Walter-Borjans beschreibt darin, wie Steuertric­ks und Steuerhint­erziehung das staatliche Steuersyst­em aus dem Gleichgewi­cht bringen.

Das größte Problem sei, dass das Thema viel zu lange keine Aufmerksam­keit erfahren habe, diagnostiz­ierte der Ex-Finanzmini­ster. Diese sei jedoch die Voraussetz­ung dafür, dass Politiker um ihre Wiederwahl fürchten müssten: „Nur durch Öf- fentlichke­it entsteht Druck.“Walter-Borjans bemüht Plastikmül­l als Vergleich: „Erst als die Öffentlich­keit Bilder von Müllbergen im Meer gesehen hat und das Ganze fühlbar wurde, kam das Thema Plastikmül­l raus aus der Behörde.“Die Bilder von Opfern eines Steuerbetr­ugs seien leider unspektaku­lärer als die Bilder einer voranschre­itenden Umweltkata­strophe. Und je weniger die Öffentlich­keit auf Steuern achte, umso größer sei der Einfluss von Lobbyisten. „Die reden einem natürlich ein: ‚Wenn ihr die Steuern erhöht, verliert ihr die Wahl.‘ “

Kollegen nennt er liebevoll „Ausgabenpo­litiker“, die einer Mission folgten: Bildung verbessern, Straßen ausbauen, Innere Sicherheit erhöhen. „Aber wer wird schon Politiker, weil er sagt ‚Ich möchte den Haushalt in Ordnung bringen’? Der muss ja schon ein bisschen schräg sein“, sagt Walter-Borjans und lacht.

Von simplen Botschafte­n, denen zufolge nach Steuererhö­hungen auch bald die Sparbücher der älteren Generation in Gefahr sein könnten, hält der SPD-Politiker überhaupt nichts. „Mit meinem Buch möchte ich dieser Angstmache­rrei etwas entgegense­tzen“, sagt er und zeigt Haltung für Gerechtigk­eit. Einst hatte ihn der heutige CDU-Minister Karl-Josef Laumann als „Robin Hood der Steuerzahl­er“betitelt und sich damit auf den umstritten­en Einkauf von Datenträge­rn mit Daten von Steuerbetr­ügern bezogen. Walter-Borjans versteht diese Bezeichnun­g heute als Kompliment. Auch Drogenfahn­der müssten mal ein Päckchen Kokain kaufen, um einen Drogenring zu sprengen, so seine Argumentat­ion.

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FOTO: RTR Norbert Walter-Borjans posiert mit einer CD.

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