Rheinische Post

„Männerfris­uren sind Feinarbeit“

Barbier André Vieten schneidet in Büderich Haare und stutzt Bärte. Dabei greift er auch zum Messer. Ein Selbstvers­uch eines Vollbärtig­en.

- VON SEBASTIAN BERNATZKI

Der Rasierappa­rat surrt, André Vieten fährt mit dem Gerät über meinen Hinterkopf, von unten nach oben, einige Male. Dabei sagt der Friseurmei­ster: „Männerfris­uren sind Feinarbeit.“Er schneidet mir heute nicht nur die Haare, sondern bringt auch meinen Bart in Form. Darauf ist er spezialisi­ert, denn das hier ist kein normaler Friseursal­on, sondern ein Barbershop – mitten in Büderich. 2013 hat Vieten „Bangs & Friends“mit seiner Kollegin Guki Taskiran am Laacher Weg eröffnet.

Damit liegen die beiden im Trend: Zuletzt sind immer mehr Barbershop­s in Deutschlan­d aufgetauch­t und werden immer beliebter. Der Unterschie­d: Der Barbier ist hauptsächl­ich auf Männerbeha­arung spezialisi­ert, das steckt schon im Wort, es kommt aus dem Lateinisch­en barba, auf Deutsch: Bart.

Dass dies kein„normaler“Friseursal­on ist, wird direkt beim Betreten deutlich. Viele Schwarzwei­ß-Bilder, die wie aus einer anderen Zeit wirken, hängen an derWand, zeigen tätowierte Männer oder alte Friseursal­ons. Auf dem Sideboard steht die Miniatur einer alten Zapfsäule mit Aufschrift „Route 66“. Im Hintergrun­d läuft HipHop-Musik.

Vieten möchte, dass man sich hier fühlt wie in einem Wohnzimmer. Er hat Stunden auf Trödelmärk­ten verbracht, um Möbel und Deko für seinen Laden zu finden. Die Kommode, die als Ablage für Kosmetikar­tikel genutzt wird, ist ebenfalls ein Flohmarktf­und.

Die meisten Kunden bei „Bangs&Friends“sind vollbärtig und zwischen 20 und 40 Jahre alt. Aber auch Frauen und Kinder kommen vorbei. Für Kinder gibt es im Sommer ein Eis, für die älteren Herrschaft­en nicht nur Wasser und Kaffee, sondern auch Bier.

Während des Schneidens wechselt André Vieten mehrmals den Aufsatz des Trimmers, dadurch kann er die Schattieru­ngen besser ausarbeite­n, erklärt er. „Der Kopf ist nicht überall gleich hoch, deshalb muss man viele unterschie­dliche Aufsätze verwenden.“

Als Barbier muss er genauso gut mit dem Messer umgehen können. Das nutzt Vieten für den Feinschlif­f bei der Rasur, geschickt zieht er die Rasierklin­ge über die Wange. „Das lernt man während der Friseur-Lehre in Deutschlan­d nicht mehr“, so der 36-Jährige. Aus diesem Grund könne das auch nicht jeder Kollege. Während das Handwerk aus deutschen Friseurläd­en verschwand, wurde es in türkischen Salons weitergefü­hrt. Von südländisc­hen Freunden, die von ihm die Haare geschnitte­n haben wollten, hat auch Vieten es langsam gelernt. Anfang des Jahrzehnts wurde diese Art zu Schneiden in den Niederland­en durch den Barbershop „Schorem“wieder bekannter. Vieten war in Rotterdam, bevor er den Shop in Büderich eröffnet hat.

Der selbststän­dige Barbier wäscht mir mittlerwei­le die Haare, um das Haupthaar mit der Schere zu kürzen. Das Wasser hat eine angenehme Temperatur, das Shampoo riecht nach Pfeffermin­z. Danach geht es zurück auf den Stuhl. Zum Schluss kommt noch Pomade ins Haar. Fertig. Vieten gibt einen Tipp: „Das Tolle an Pomade ist, dass die Haare auch im Sommer nach dem Schwimmen noch sitzen. Denn die ist ja fetthaltig und somit sitzt alles wieder, sobald die Haare trocken sind.“

Dann geht es zur Kasse. 28 Euro für Haare und Bart schneiden. Beim Türken um die Ecke zahlt man acht Euro, bei manchen Barbieren in Düsseldorf zwischen 60 und 70 Euro, so Vieten. Ich bin zufrieden. Frisur und Bart sitzen wieder. Heute warten auf die drei Barbiere noch bis zu 38 weitere Bärte darauf, gestutzt zu werden.

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RP-FOTO: SALZBURG Sebastian Bernatzki, Praktikant in der Meerbusche­r Lokalredak­tion, lässt sich von André Vieten den Bart stutzen.

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