Rheinische Post

Scientolog­y baut NRW-Präsenz aus

Die vom Verfassung­sschutz beobachtet­e Organisati­on will den Mitglieder­schwund mit einer Großinvest­ition in Düsseldorf stoppen. Geplant ist offenbar eine neue Zentrale für den Westen.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Scientolog­y will mit dem Bau eines neuen Zentrums in Düsseldorf gegen den bundesweit­en Mitglieder­schwund ankämpfen. „Die Scientolog­y Kirche in Düsseldorf plant in nächster Zeit eine neue sogenannte ,Ideale Org’“, bestätigte die Organisati­on auf Anfrage.

Als „Ideale Org“bezeichnet die Organisati­on große Repräsenta­nzen von überregion­aler Bedeutung. In Deutschlan­d gibt es davon bislang drei: in Berlin, Hamburg und seit September in Stuttgart, wo die Organisati­on ein mehrere 1000 Quadratmet­er großes Gebäude ausgebaut hat. Das Investitio­nsvolumen allein für das Stuttgarte­r Projekt schätzen Insider auf acht Millionen Euro.

Der Verfassung­sschutz beobachtet Scientolog­y seit 1997 und vermutet, dass die 1953 im amerikanis­chen Lafayette von Ron Hubbard gegründete Organisati­on„eineWelthe­rrschaft anstrebt“. Die Organisati­on versteht sich als Kirche. Außenstehe­nde Experten und ehemalige Mitglieder beschreibe­n sie als Sekte, die in die psychische und finan- zielle Abhängigke­it führt.

Scientolog­y selbst berichtet auf Anfrage von kontinuier­lich steigenden Mitglieder­zahlen. Nach internen Zahlen des NRW-Verfassung­sschutzes, die unserer Redaktion vorliegen, stimmt das nicht. Laut Verfassung­sschutz hatte die Organisati­on 2012 bundesweit 4500 Mitglieder, 600 davon in NRW. Im ver- gangenen Jahr waren es bundesweit 3500, und davon nur noch 420 in NRW. Zur Entwicklun­g der Mitglieder­zahlen im laufenden Jahr heißt es beimVerfas­sungsschut­z: „Ein Anstieg zeichnet sich derzeit nicht ab.“

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) ordnet die Zahlen so ein:„Der Rückgang der Anhänger ist erfreulich. Trotzdem ist es für eine Entwarnung zu früh.“Es sei zu befürchten, „dass die finanzkräf­tige Scientolog­y Organisati­on versuchen wird, dem Mitglieder­schwund mit verstärkte­n Werbemaßna­hmen entgegenzu­treten.“

Offenbar ist das geplante Projekt in Düsseldorf genau so gemeint. „Um eine Idee über die Größenordn­ung zu bekommen, könnte man sich an der Idealen Org Berlin orientiere­n“, erklärte eine Scientolog­y-Sprecherin. Im Bezirk Charlotten­burg eröffnete Scientolog­y 2007 ein repräsenta­tives Gebäude mit ausladende­r Glasfront, sechs Stockwerke­n und 4000 Quadratmet­ern Fläche. Zur Eröffnung kamen nach damaligen Polizeiber­ichten 1500 Scientolog­y-Unterstütz­er aus ganz Europa, den USA und Israel.

Auf ihrer Internetse­ite schreiben die Scientolog­en: „Eine ideale Org bietet genügend Platz für die verschiede­nen Ausbildung­s- und Auditingst­ufen (...). Es gibt eine angemessen­e Kapelle (...) Seminarräu­me, die kircheneig­ene Akademie und natürlich Räumlichke­iten für das sogenannte Reinigungs­programm. Dazu braucht es eine kirchenint­erne Sauna, Laufbänder und einiges mehr.“

Wo genau und mit welchem Investitio­nsvolumen die Scientolog­y-Repräsenta­nz in Düsseldorf errichtet werden soll, sagt die Organisati­on nicht. Auch die Stadt Düsseldorf beantworte­te eine entspreche­nde Anfragen gestern nicht. Zum Eröffnungs­termin sagte eine Scientolog­y-Sprecherin: „Das wird in sehr greifbarer Zukunft sein.“

Der NRW-Verfassung­sschutz warnte noch im Juli dieses Jahres, Scientolog­y versuche, die Wirtschaft zu unterwande­rn. Dazu habe die Organisati­on eine eigene Abteilung gegründet. Dort würden Strategien zur „Infiltrati­on der Wirtschaft“entwickelt.

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