Rheinische Post

Fahrzeugbe­gleiter: Schüler engagieren sich für Sicherheit

Kinder und Jugendlich­e sind offenbar auch auf dem Schulweg gewaltbere­it. Durch das Projekt soll der Schulweg sicherer werden, Gewalt und Unfälle werden verhütet.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Für gewöhnlich bietet sich den Pendlern auf dem Weg zur Universitä­t an den Haltestell­en Kaiserslau­terner Straße und Provinzial­platz ein ähnliches Bild. Dutzende Schüler der Joseph-Beuys-Gesamtschu­le und Benzenberg-Realschule drängen sich nach Schulschlu­ss auf den Bahnsteig und warten auf die Bahnen der Linien U74, U77 oder U79, um nach Hause fahren zu können.

Dementspre­chend aufgeregt und energiegel­aden nach dem vielen Sitzen ist zumeist auch die Stimmung unter den Heranwachs­enden. Raymond und Bessma erlebten schon, wie diese Stimmung mal kippen kann. „Ich habe beobachtet, wie jemand die Digitalanz­eige an der Haltestell­e zerstört hat“, sagt Bessma. Doch Mitschüler konnten den Täter aufhalten und die Polizei rufen. „Dass sich da jemand getraut hat, einzugreif­en, fand ich toll.“

Auch Streiterei­en, Drängeln oder Schubsen kommen vor, wie Raymond berichtet. Gerade letzteres ist durch die Nähe zu den Gleisen besonders prekär. Doch sollten die beiden 13-Jährigen in den nächsten Wochen so eine Situation miterleben, wissen sie jetzt, was sie tun können. Zusammen mit 32 weiteren Mitschüler bekamen sie im Jan-Wellem-Saal des Rathauses ihre Urkunden zum Start in ihr neues Ehrenamt überreicht. Als Fahrzeugbe­gleiter sind sie ausgebilde­t, gefährlich­e Situatione­n zu erkennen und Konflikte zu lösen oder zu ihrerVerme­idung beizutrage­n.„Wir bleiben ganz normale Fahrgäste – wir halten nur die Augen dabei offen“, sagt Raymond.

Das Projekt Fahrzeugbe­gleiter existiert seit 13 Jahren. Seitdem hat sich das soziale Klima in Bussen, Bahnen und an Haltestell­en merklich verbessert, wie Vorstand und Arbeitsdir­ektor Klaus Klar erklärt. Seitdem hätten Feldstudie­n zeigen können, dass die Konfliktsi­tuationen im Alltag um bis zu 75 Prozent gesunken seien. Zurückzufü­hren sei das lautVerkeh­rspädagogi­n Ina Baumann auf die veränderte Gesprächss­ituation, die durch die Kommunikat­ion zweier Gleichaltr­iger entsteht. „Wenn die Schüler sich etwas sagen, wird das in der Regel aufmerksam­er aufgenomme­n.“Der Einfluss der Fahrzeugbe­gleiter sei auch an materielle­n Dingen messbar.„Früher wurden uns sehr oft die Nothämmer in den Bahnen gestohlen. Seitdem die Jugendlich­en wissen, wie wichtig diese Hämmer im Notfall sein können, geschieht das wesentlich weniger.“Auch Bahnen, die teils wöchentlic­h beschädigt worden waren, müssen nun seltener in die Werkstatt.

Doch die Aufgabe der Fahrzeugbe­gleiter ist es nicht, vorrangig die Gefährte der Rheinbahn zu schützen. Vor dem Hintergrun­d steigender Gewaltbere­itschaft unter Kindern könne das Projekt zu einem sicheren Schulweg beitragen. Denn das Gewaltpräv­entionstra­ining ist eines der drei Bausteine, welches die Kinder auf dem Weg zum Fahrzeugbe­gleiter vermittelt bekommen. Neben der Busschule, die ab der 5. Klasse zur Unfallvorb­eugung in den Lehrplan integriert wird, tragen auch Workshops der Rheinbahn-Verkehrspä­dagogen und der Polizei zur Sensibilis­ierung der Schüler bei. Mit Rollenspie­len werden Konfliktsi­tuationen nachgestel­lt. Für den Kriminalob­errat Rüdiger Korp ist auch die Vermittlun­g von Zivilcoura­ge durch das Projekt äußerst bedeutend. „Das ist ein wertvoller Beitrag für die Gesellscha­ft. Damit jeder Einzelne auch in der Lage ist, bei Straftaten handeln zu können.“

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