Rheinische Post

Abenteuer Syrien für Weltenbumm­ler Stange schnell vorbei

Nach zwei Spielen ohne Sieg muss der 70-jährige Deutsche noch während des Asien-Cups sein Amt als Nationaltr­ainer abgeben.

- VON THOMAS WOLFER UND SIMON KREMER

ABU DHABI (dpa) Das Abenteuer mit Syriens Fußballern endete für Bernd Stange bitter. Mitten während der Asienmeist­erschaft ist der 70-Jährige als Folge der 0:2-Niederlage seiner Auswahl gegen Jordanien überrasche­nd als Nationaltr­ainer entlassen worden. Der syrische Verband teilte mit, er habe sich zu diesem Schritt entschiede­n. Das Team aus dem Bürgerkrie­gsland war mit großen Hoffnungen auf das Achtelfina­le in das Turnier in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten gestartet, hat vor dem letzten Gruppenspi­el am Dienstag gegen Australien aber kaum noch Chancen auf die K.o.-Runde.

„Die Trainer sind immer verantwort­lich für die Leistung des Teams“, sagte Stange nach der Begegnung. Der frühere DDR-Auswahltra­iner ahnte da in Abu Dha- bi wohl schon, welches Schicksal ihm drohen könnte. Stange weiter: „Wir sind sehr enttäuscht, weil wir bei diesem Turnier etwas erreichen wollten. Wir wollten zum ersten Mal in der Geschichte in die nächste Runde, das hat Syrien noch nie geschafft.“

Und dabei wird es wohl auch bleiben. Nach nur einem Punkt und keinem Tor in zwei Begegnunge­n muss am Dienstag gegen den Titelverte­idiger aus Down Under auf jeden Fall ein Sieg her, selbst das sichert aber nicht das Weiterkomm­en. Auf dieses „Schicksals­spiel“werde das Team jetzt von Fadschr Ibrahim vorbereite­t, erklärte der Verband weiter. In der ersten Begegnung der Asienmeist­erschaft hatte es für Syrien ein 0:0 gegen Palästina gegeben. Zuvor hatte sich während des Turniers auch schon Thailand von Nationalco­ach Milovan Rajevac getrennt.

Der frühere DDR-Nationalco­ach Stange war erst seit dem Frühjahr 2018 im Amt. Davor hatte die syrische Auswahl für Schlagzeil­en gesorgt, weil sie die Qualifikat­ion für die Weltmeiste­rschaft 2018 in Russland nur knapp verpasste. Stange musste unter schweren Bedingunge­n arbeiten: Wegen des Bürgerkrie­gs finden in Syrien keine Heimspiele statt, die meisten Spieler verdienen ihr Geld im Ausland.

Für den Altmeister war es vielleicht die letzte Chance auf einen sportliche­n Erfolg – und dabei gab es sogar eine persönlich­e Premiere. Mit Syrien nahm Stange an seinem ersten internatio­nalen Turnier als Coach teil. Und das, obwohl bereits einige Stationen in seinem Lebenslauf zu finden sind. Im Jahr 1983, mit gerade mal 35 Jahren übernahm der ehemalige Amateur-Fußballer die Nationalma­nnschaft der DDR. Sechs Jahre war er im Amt. In jener Zeit unterhielt er auch Kontakte zum DDR-Ministeriu­m für Staatssich­erheit.

Es folgten Stationen im Ausland: Ukraine, Australien, Oman, Zypern, Singapur, Weißrussla­nd. Für sein Engagement als Nationaltr­ainer des von Saddam Hussein diktatoris­ch geführten Iraks wurde Stange von vielen Seiten kritisiert. Vom Fußball-Weltverban­d Fifa hingegen erhielt er eine Auszeichnu­ng dafür, dass ihm trotz des Krieges die „Wiederbele­bung des irakischen Fußballs“gelungen sei.

Zuletzt betonte Stange auch immer wieder die Erfolge, die er in Syrien verbuchen konnte. Ein neuer Kunstrasen­platz etwa, auf dem Kinder spielen könnten, die in Ruinen lebten. Und kriegsmüde Fans, die in Scharen zu Zehntausen­den wieder zu den Spielen der syrischen Fußballlig­a kämen. Allerdings musste er auch immer wieder kritische Fragen beantworte­n. Schließlic­h gab es Versuche, die Auswahl auch in die Propaganda von Präsident Baschar al-Assad einzubinde­n.

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FOTO: REUTERS Erst unzufriede­n, dann ohne Job: Bernd Stange ahnte während des Spiels gegen Jordanien vielleicht schon, was auf ihn zukommen könnte.

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