Eine bierernste Angelegenheit
Es gibt da diesen einen Freund in meinem Bekanntenkreis, der kommt aus der falschen Stadt. Da kann er nichts für, und es ist auch ein wirklich netter Kerl. Aber wenn wir uns im Restaurant oder in meiner Wohnung in Pempelfort treffen, müssen für ihn immer ein paar Kölsch organisiert werden. Falls nicht, beschwert er sich lautstark, das hiesige Bier sei bitter und für ihn absolut ungenießbar, während das Gebräu seiner Heimat wie Nektar und Ambrosia in einem schmecke. Neulich auf einer Geburtstagsfeier wurde so viel obergäriger Lokalpatriotismus einem Alt-Liebhaber dann doch zu bunt, also stahl er sich kurzerhand aus dem Zimmer, um eine leere Kölsch-Flasche mit Alt aufzufüllen, sie wieder zu verschließen und besagtem Querkopf zu kredenzen. Und wer hätte es geahnt: Unser kölscher Freund trank ohne eine Beschwerde oder ein Anzeichen von Ekel die Flasche quasi in Rekordzeit leer und blieb bis zum letzten Tropfen ahnungslos. Im Nachgang über das kleine Experiment aufgeklärt, folgte bei ihm auf Verwirrung rasch Ratlosigkeit und schließlich die Erkenntnis, dass manch eine Abneigung sich bei unvoreingenommener Betrachtung recht zügig in Wohlgefallen auflöst – beim Bier und im Leben. Prost! dsch