Klassik dort, wo man sie nicht erwartet
Der Verein Live Music Now bringt klassische Musik zu denen, die keinen Zugang dazu haben – etwa Gefangene und Förderschüler.
(dsch) „Die Menschen, die sich professionell mit Musik beschäftigen, befinden sich oft in einer geistigen Blase“, sagt Michael Caspari, Vorsitzender Bezirks Rhein-Ruhr von Live Music Now. Der Verein holt Studenten der Musik aus dieser Blase heraus und stellt sie auf die Bühne vor ein Publikum, dass zu klassischer Musik in aller Regel keinen Zugang hat – und auch nicht die Möglichkeit, das zu ändern.
„Wir bringen den Menschen Musik, die aus verschiedenen Gründen nicht selbst zur Musik kommen können“, beschreibt Caspari die Arbeit von Live Music Now. Dazu zählen alte Menschen in Heimen, Kindern in Förderschulen, aber auch Gefangene oder Drogenabhängige in Kliniken. „Diese Menschen leben oft abgeschnitten von der Gesellschaft, auch von der Kultur“, erzählt Caspari. Die Arbeit seines Vereins sei ein Beitrag, dieser Abschottung entgegenzuwirken. Dafür verpflichten sich die Musikstudenten für drei Jahre, sie werden im Vorfeld von einer Jury ausgesucht und erhalten eine Aufwandsentschädigung für ihre Konzerte.
Sie treten als Solisten, in Duos oder Trios auf. Vor jedem Auftritt müssen sie ein Programm inklusive Moderation entwerfen und es mit dem Verein abstimmen. „Wir wollen den Menschen, für die die Musik ist, mehr bieten als einen leichten Zeitvertreib. Es darf schon anspruchsvollere Musik sein. Die Studenten verstehen ihr Handwerk, das ganze wird professionell organisiert“, sagt Caspari. Die Musiker seien auf dem Weg zum Profi und von ihnen werde erwartet, das entsprechende Niveau auf die Bühne zu bringen. Auch die rhetorische Gestaltung und Moderation einer solchen Veranstaltung müsse daher eine gewisse Qualität aufweisen.
Umso stärker ist die Resonanz. Caspari oder ein anderes Mitglied des Vereins ist bei jedem Konzert dabei. Auch Menschen, die im Alltag nichts mit klassischer Musik zu tun haben, ließen sich begeistern. „Zum einen fühlen sie sich gut, wenn ihnen gezeigt wird, dass die Welt sie nicht vergessen hat. Zum anderen sind sie wirklich bereit, sich auf die Musik einzulassen, und geben den Musikern im Anschluss konstruktives Feedback.“Obwohl wenig Gemeinsamkeiten zwischen Publikum und Musiker bestehen, gelingt der Kontakt stets problemlos.
Live Music Now wurde 1977 vom Geiger Yehudi Menuhin gegründet. In Deutschland gibt es etwa 20 regionale Gruppen. Der Ableger Rhein Ruhr ist laut Angaben neben Düsseldorf auch in Essen, Duisburg, Mönchengladbach und Viersen aktiv. Er sucht Sponsoren, die bereit sind, einen Beitrag zur Gage der jungen Musiker zu leisten. Außerdem können Institutionen sich um ein Konzert bewerben. „Die Konzerte, die wir organisieren, sind eine wertvolle Bereicherung für Menschen, deren Alltag sonst abseits der normalen Gesellschaft stattfindet“, sagt Caspari. Es sei immer wieder bewegend, die Wirkung der Musik auf die Menschen zu erleben. Informationen gibt es unter www.livemusicnow-rheinruhr. de. In Kontakt mit dem Verein ist möglich per Mail an info@ livemusicnow-rheinruhr.de.