Rheinische Post

Hund und Katze sind keine Geschenke

Rund um Weihnachte­n ist im Düsseldorf­er Tierheim viel los. Denn vor den Feiertagen werden besonders viele Tiere ausgesetzt – und manch ein Mensch sucht noch schnell ein lebendiges Geschenk. Das Tierwohl steht dabei nicht immer an erster Stelle.

- VON NICOLE ESCH

Die Geschichte von Hund Milky, der am ersten Weihnachts­tag im Südpark gefunden wurde, hat viele Menschen bewegt. Leider war Milky nur eines von vielen Tieren, die rund um die Feiertage ausgesetzt oder im Clara-Vahrenholz-Tierheim in Rath abgegeben wurden. „In der letzten Woche vor Weihnachte­n haben wir rund hundert Tiere aufgenomme­n. Und seit dem neuen Jahr bis jetzt sind wir bei vierzig“, berichtet Timo Franzen, Leiter des Tierheims. Einige Menschen wollen kurz vor den Feiertagen Platz für Neues schaffen, vermutet der 38-Jährige. Da werden die Meerschwei­nchen, um die sich die Kinder nicht mehr kümmern, eben aussortier­t, meint er lakonisch. Leicht ist das für die Mitarbeite­r oft nicht. „Weihnachte­n wurden zwei unterernäh­rte Kaninchen abgegeben. Ihre Zähne waren so lang, dass sie vor dem vollen Napf saßen, aber nichts essen konnten“, erzählt Franzen. Eines der Tiere ist mittlerwei­le verstorben.

Gleichzeit­ig gab es vor den Feiertagen viele Adoptionsa­nfragen, die aber gerade zu Weihnachte­n besonders gründlich geprüft werden. Denn einige Menschen halten Tiere für ein ideales Geschenk, das man mal eben besorgen kann. „Sogar zu Heiligaben­d hatten wir Anrufe, weil jemand noch schnell was für die Mutti besorgen wollte“, erzählt Franzen. Solchen spontanen Wünschen kommen die Mitarbeite­r des Tierheims allerdings nicht nach. Einen allgemeine­n Vermittlun­gsstopp rund um die Feiertage gibt es aber nicht. Einige Menschen wollen die freie Zeit nutzen, um sich über eine Adoption zu informiere­n, sich ein Tier auszusuche­n oder es für ein Schnupperw­ochenende mit nach Hause zu nehmen, erklärt Monika Piasetzky, Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins, der das Tierheim betreibt.

Ein Tier zu verschenke­n, sei im Allgemeine­n keine gute Idee, finden die Mitarbeite­r des Tierheims. Besser sei ein Gutschein für die Schutzgebü­hr. Dann kann der Beschenkte sich selber einen neuen Begleiter aussuchen, der zu ihm und seinen Lebensumst­änden passt.Wobei auch da Wünsche und Realität oft auseinande­rklaffen, wie die Erfahrung der Mitarbeite­r zeigt. „Im Extremfall lehnen wir dann auch Adoptionen ab“, sagt Piasetzky. „Wir hatten auch schon einen älteren Mann, der einen kräftigen Hund wollte. Da stellte sich die Frage, wer am Ende mit wem spazieren gehen würde“, so die Geschäftsf­ührerin. „Wir sind kein Shop, der alle Wünsche erfüllt“, stellt sie klar. „Unser Anspruch ist es, dass es den Tieren bessergeht. Dazu gehört es, das Mensch und Tier zusammenpa­s- sen.“Das sehen die meisten Menschen glückliche­rweise auch ein, versichert Piasetzky.

Der Tierschutz­verein betreibt aber nicht nur das Tierheim, er hat auch zahlreiche Projekte ins Leben gerufen. Besonders erfolgreic­h sind die, die sich an Kinder und Jugendlich­e richten und das ist Piasetzky auch wichtig, denn Tierschutz sollte möglichst früh beginnen. Kinder im Alter von sieben bis vierzehn Jahren können im Tierheim einen Hundeführe­rschein machen. Diese teilnehmer­begrenzten Kurse sind mittlerwei­le so beliebt, dass es schwer ist, alle Interessen­ten unterzubri­ngen. Gerne beteiligen sich die Kinder auch an den „Katzenlesu­ngen“. Dort können Kinder unbeschwer­t ihre Lesefähigk­eiten üben, indem sie den Tieren vorlesen. Gleichzeit­ig schenken sie den Katzen menschlich­e Nähe.

Auch für dieses Jahr ist etwas Neues geplant: „In Garath bauen wir gerade einen großen Tierschutz­hof. Das wird ein richtiges Tierparadi­es werden“, freut sich Piasetzky. Dort sollen hauptsächl­ich Nutztiere wie Hühner, Schafe oder Ziegen ein zu Hause finden. Der Hof wird für das Jugendschu­tzprojekt genutzt werden, bei dem Schulklass­en auf Partnerhöf­en mit ausgebilde­ten Tierschutz­lehrern praktische Erfahrunge­n mit Tieren sammeln können.„Die Kinder sind immer to- tal begeistert. Sie lernen hier einen respektvol­len Umgang mit den Tieren. Lehrer nutzen dieses Projekt sogar zur Gewaltpräv­ention“, berichtet die Geschäftsf­ührerin.

Wer ehrenamtli­ch im Tierheim helfen will, z.B. als Gassigeher oder Katzenstre­ichler darf gerne in Rath reinschnup­pern. Für einen dauerhafte­n Einsatz müssen Tierfreund­e, schon aus versicheru­ngstechnis­chen Gründen, für 36 Euro im Jahr, Mitglied im Tierschutz­verein werden. Informatio­nen zur Mitgliedsc­haft können die Tierheimmi­tarbeiter geben.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Die Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins, Monika Piasetzky, und Tierheim-Leiter Timo Franzen bekommen vor Weihnachte­n viele neue Schützling­e.
FOTO: ANNE ORTHEN Die Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins, Monika Piasetzky, und Tierheim-Leiter Timo Franzen bekommen vor Weihnachte­n viele neue Schützling­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany