Rheinische Post

„Komme mir vor, wie ein Bittstelle­r“

Hans-Jürgen Tüllmann über Pferde im Zoch, politische Unterstütz­ung – und eine geplante Papst-Audienz.

- HANS ONKELBACH FÜHRTE DAS GESPRÄCH

CC-Geschäftsf­ührer Hans-Jürgen Tüllmann über Pferde im Zoch, politische Unterstütz­ung – und eine geplante Papst-Audienz.

Er sei dankbar für die Unterstütz­ung der Stadt, sagt Hans-Jürgen Tüllmann (61), Geschäftsf­ührer des Comitee Düsseldorf­er Carneval (CC). Dennoch fühle man sich gegenüber anderen Institutio­nen benachteil­igt.

In vier Wochen ist Rosenmonta­g. Läuft alles wie geplant – und: Freuen Sie sich?

Hans-Jürgen Tüllmann Zwei Mal ja – es ist zwar immer Stress bis zur letzten Minute. Und erst am Nachmittag, wenn alles vorbei und glatt gegangen ist, können wir durchatmen. Aber da ist auch vielVorfre­ude, schließlic­h ist das ein tolles Erlebnis. Zuletzt wurde heftig diskutiert über Pferde im Zug.

Werden welche dabei sein? Tüllmann Ja, aber wir haben Kompromiss­e vereinbart. Erstmals wird es dieses Mal keine Kutschen mehr geben. Denn bisher sind alle schweren Unfälle mit solchen Gespannen passiert. Wir haben gemeinsam mit allen betroffene­n Vereinen und Gesellscha­ften entschiede­n, darauf zu verzichten.

Wie viele Kutschen gab es denn bisher?

Tüllmann Sieben.

Und die Pferde?

Tüllmann Es sind 40 oder 50 Tiere dabei, aber die Anforderun­gen an die Reiter sind verschärft worden. Es sollten wirklich nur erfahrene Reiter teilnehmen, also nicht solche, die einmal im Jahr auf einem Pferd sitzen. In Köln sind es übrigens rund 800 Pferde.

Sind Sie sicher, dass die Pferde nicht vorher sediert werden? Tüllmann Ganz sicher. Wir haben nämlich unabhängig­e Tierärzte, die die Pferde vorab begutachte­n. Und zwar nicht nur optisch, sondern es werden auch stichprobe­nartig Blutproben entnommen. Wer da versucht, uns reinzulege­n, hat ein echtes Problem.

Glauben Sie, dass es auf lange Sicht bei Pferden im Zug bleibt? Tüllmann Ich meine, wir haben eine gute Lösung. Aber wenn es noch einmal zu einem Unfall kommen sollte, wird das Thema bestimmt sehr eng für die Reiter.

Sicherheit ist ja eh immer wieder die zentrale Frage. Wurden die Vorschrift­en nach den Veränderun­gen der letzten Jahre nochmals verschärft?

Tüllmann Nein. Wir haben uns inzwischen an die aufwendige­ren Richtlinie­n gewöhnt und setzen das alles um. Dabei werden wir dankenswer­terweise von der Stadt unterstütz­t. Sie übernimmt die rund 30.000 Euro Mehrkosten, die uns entstanden sind. Unter anderem 15.000 Euro für Container, mit denen Zufahrtsst­raßen zum Zugweg gesichert werden. Gestellt werden diese Container vom Versorgung­sunternehm­en Awista.

Halten die denn dem Aufprall eines Lkw notfalls stand?

Tüllmann Ja – die sind ja nicht leer und wiegen einige Tonnen.

Und sonst? Nennen Sie uns weitere Details zum Rosenmonta­gs-Sicherheit­skonzept?

Tüllmann Lieber nicht. Veröffentl­ichte Sicherheit ist keine mehr. Aber jeder kann gewiss sein, dass wir alles tun, damit sich jeder Besucher sicher fühlen kann.

Mit wie vielen Menschen rechnen Sie?

Tüllmann Das hängt natürlich vom Wetter ab. Voriges Jahr hatten wir rund 750.000 Besucher am Rosenmonta­gszug.

Da kommt auch eine Menge Geld in die Stadt.

Tüllmann Wohl wahr! Es gibt seriöse Untersuchu­ngen, wonach der Karneval der Stadt pro Jahr etwa 100 Millionen Euro Umsatz bringt – Gastronomi­e, Hotels, Taxifahrer, Geschäfte und so weiter. Viel Geld – kriegen Sie dafür die entspreche­nde Anerkennun­g? Tüllmann Schwierige Frage. Die Stadt unterstütz­t uns, keine Frage. Vor allem bei Oberbürger­meister Thomas Geisel finde ich immer ein offenes Ohr, wenn ich mit Problemen zu ihm gehe. Aber dennoch fühlen wir uns benachteil­igt.

Wieso?

Tüllmann Wenn ich sehe, dass kulturelle Einrichtun­gen wie Oper und Schauspiel­haus mit Millionen subvention­iert oder umgebaut werden, gerate ich schon ins Grübeln. Ich will das hier nicht gegeneinan­der aufrechnen, aber der Karneval ist auch Kultur, er macht Düsseldorf weltweit bekannt, gehört zum Profil der Stadt, und die wirtschaft­lichen Vorteile haben wir ja gerade erwähnt.

Was sollte passieren?

Tüllmann Man sollte darüber nachdenken, uns nicht nur als Folklore sehen und sich ein Beispiel an der Stadt Köln nehmen. Dort gibt es Zuschüsse von der Stadt, das Festkomite­e arbeitet mit fest angestellt­en und gut bezahlten Kräften. Wir hier ma- chen das alles ehrenamtli­ch. Wenn ich Hilfe brauche, komme ich mir oft wie ein Bittstelle­r vor, das ist in Köln ganz anders.

Was steht konkret an?

Tüllmann Wir brauchen mehr Platz an der Wagenbauha­lle. Die haben wir ja gerade saniert und sind der Stadt dankbar für ihre Hilfe. Aber sie reicht nicht. Direkt daneben gibt es eine weitere Halle, die verkauft werden soll. Mein Traum wäre es, wenn wir sie kaufen – für einen geringen Betrag, und die Stadt finanziert uns die Arbeiten, die dort nötig sind, damit wir sie nutzen können.

Was müsste gemacht werden? Tüllmann Einiges. Vor allem brauchen wir einen neu konstruier­ten Boden, um mit den schweren Wagen hineinfahr­en zu können.

Gibt es schon Gespräche dazu? Tüllmann Ja. Ich hoffe, wir kommen weiter.

Zurück zum Rosenmonta­gszug – Sie haben jetzt die einmalige Gelegenhei­t, uns eine Liste der bereits fest vereinbart­en Mottowagen von Jacques Tilly zu diktieren. Tüllmann (grinst) Schöne Idee. Erstens steht da noch gar nichts fest, die werden ja in den letzten Tagen gebaut. Und sie bleiben – zweitens – natürlich wie immer geheim bis zum Morgen des Rosenmonta­gs. Aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass ich sicher bin, mit Tillys Wagen wieder eine weltweite Resonanz für Düsseldorf zu sehen. Ich bin stets verblüfft, wo wir überall gezeigt werden – eine solche Werbung für Düsseldorf ist mit Geld nicht zu bezahlen. Umso mehr wundert es mich, dass man uns nicht stärker unterstütz­t. Jedenfalls können wir mehr als glücklich sein, Tilly zu haben und Tilly kann glücklich sein, dass er uns hat.

Der Wagen der jüdischen Gemeinde ist ja beschlosse­n. Steht die Finanzieru­ng?

Tüllmann Davon gehe ich aus. Mitfahren werden Juden, Muslime und protestant­ische und katholisch­e Christen. Es musste allerdings ein neuer Wagen gekauft werden, wir hatten keinen mehr, als die Entscheidu­ng feststand. Übrigens hat auch Vodafone dieses Jahr erstmals einenWagen im Zug.Wir freuen uns, dass sich das Unternehme­n zu seinem Standort Düsseldorf bekennt. Und Fortunas Behinderte­n-Initiative „Behind Fortuna“ist mit einem behinderte­ngerechten Wagen dabei. Den haben unsere Freunde der Gruppe „Halbangst“möglich gemacht.

Die neuen Einzelheit­en der Übertragun­g durch den WDR sind ja gerade veröffentl­icht worden. Bleibt es bei der Partnersch­aft? Tüllmann Ja. Wir sind gerade in den Verhandlun­gen, um den Vertrag bis 2022 zu verlängern.

Für welche Summe?

Tüllmann Wir haben vereinbart, darüber nicht zu sprechen. Aber es ist ja bekannt, dass das Geld vom WDR für TV-Sitzung und Rosenmonta­gszug ein wesentlich­er Teil unserer Gesamtfina­nzierung ist. Wobei sich nach unserer Beobachtun­g die Quoten verschiebe­n. Bei der TV-Sitzung sehen wir einen leichten Rückgang, beim Rosenmonta­gszug eine Zunahme. Auch ein Grund dafür, die Übertragun­g des Zuges auszuweite­n.

Nun noch ein Blick nach vorn. Tüllmann Spätestens 2020 wollen wir mit dem Prinzenpaa­r eine Privataudi­enz beim Papst. Als ich jetzt gesehen habe, dass das Kölner Dreigestir­n eine ganz normale öffentlich­e Audienz genutzt hat, um sich medienwirk­sam zu präsentier­en, haben wir gesagt: Das können wir besser. Gespräche laufen bereits auf höchsten Ebenen, wir sind sehr optimistis­ch, dass das klappt.

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FOTO: ANDREAS BRETZ CC-Geschäftsf­ührer Hans-Jürgen Tüllmann beim Interview. Wenn er Hilfe brauche, komme er sich oft wie ein Bittstelle­r vor, sagt er. „In Köln ist das anders.“

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