Rheinische Post

Gestopft wie die Gänseleber

Immer mehr Geld fließt in Start-ups. Doch führt das wirklich zum Erfolg?

- FLORIAN RINKE

Vor einiger Zeit brachte ein Freund Foie gras zum Essen mit. Ich wusste nicht, was das ist. Er erklärte, dass Gänse für Foie gras in kurzer Zeit so stark gemästet werden, dass ihre Leber verfettet und auf ein Mehrfaches der eigentlich­en Größe aufbläht. Manche nennen es Delikatess­e, ich Tierquäler­ei. Zuletzt begegnete mir der Begriff wieder in der „New York Times“als „Foiegras-Effekt“in der Start-up-Szene. Demnach scheitern viele Start-ups möglicherw­eise nicht an ihrer Idee, sondern daran, dass Investoren sie mit Geld und Druck so stark aufblähen, bis sie platzen.

Das Ziel der Investoren ist klar: Ihr fi- nanzieller Einsatz soll zu möglichst großem Gewinn führen. Dafür muss das Start-up zum Beispiel verkauft oder an die Börse gebracht werden, am besten, wenn es bereits ein Einhorn ist. Als Einhörner bezeichnet man nicht-börsennoti­erte Start-ups mit einem Firmenwert von mehr als einer Milliarde Dollar. Zuletzt gab es davon laut „CB Insights“weltweit 308. Es sind in der Regel tolle Unternehme­n.

Allerdings habe ich oft das Gefühl, dass selbst weniger gute Ideen viel Geld bekommen – weil immer mehr Firmen meinen, in Start-ups investiere­n zu müssen. Gleichzeit­ig ist das Zinsniveau schon so lange niedrig, dass viele Investoren nicht wissen, wohin mit dem Geld. Für Gründer ist es verlockend, viel Geld einzusamme­ln, weil es den unternehme­rischen Gestaltung­sspielraum erhöht und auch das Ego streichelt.

Aber jeder sollte sich klar machen, dass nicht aus jeder Idee ein Weltkonzer­n wird. Mancher würde vielleicht besser als erfolgreic­her Mittelstän­dler fahren – auch wenn der Investor das anders sieht.

Nach der Erklärung, was Foie gras ist, habe ich auf den Verzehr lieber verzichtet. Für mich war das nichts.

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