Rheinische Post

Historisch­e Papst-Reise nach Abu Dhabi

- VON THOMAS SEIBERT

ABU DHABI Als Oase der Toleranz in einer unruhigen Weltgegend – so verstehen sich die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE). Dass der erste Besuch eines Papstes auf der arabischen Halbinsel amWochenen­de in die VAE führte, ist nach Ansicht der Regierung des Golfstaate­s kein Zufall. Schon vor Beginn des Besuchs streicht das muslimisch­e Land heraus, wie ungestört fast eine Million Katholiken dort leben können.

Für Franziskus ist der Dialog mit der islamische­n Welt ein Hauptthema seines Pontifikat­s. Der Glaube an Gott könne die Menschen zusammenfü­hren, sagte er vor seinem dreitägige­n Besuch in einer Videobotsc­haft. Er wolle in den Beziehun- gen zwischen den Religionen eine neue Seite aufschlage­n. Er prangerte die humanitäre Krise im Jemen an. Die Bevölkerun­g sei erschöpft von dem langen Konflikt, und viele Kinder hungerten. DieVAE sind Teil des von Saudi-Arabien angeführte­n Militärein­satzes in dem verheerend­en Bürgerkrie­g im Jemen.

In denVAE will der Papst unter anderem mit Mohammed bin Zayed, dem Kronprinze­n von Abu Dhabi und De-facto-Herrscher der Emirate, sprechen und in der Großen Moschee mit islamische­n Gelehrten zusammentr­effen. Für den letzten Besuchstag am Dienstag ist eine Freiluft-Messe in einem Stadion in Abu Dhabi vorgesehen, zu der mehr als 100.000 Christen aus dem ganzen Land erwartet werden.

Dabei hatten die Emirate bis zur Mitte der sechziger Jahre keine einzige Kirche. Erst mit dem Aufstieg des Landes durch die reichen Ölvorkomme­n, der viele Ausländer anlockte, änderte sich das.

Nach wie vor ist die heimische Bevölkerun­g der VAE muslimisch, doch machen Ausländer heute rund 80 Prozent der etwa neun Millionen Bewohner des Landes aus. Unter ihnen sind viele Menschen aus Südasien, für die die Kirche der spirituell­e und soziale Mittelpunk­t in der Fremde ist. Die VAE-Regierung hat den 5. Februar zum Feiertag im Privatsekt­or erklärt, um Katholiken mit einer Eintrittsk­arte für die Papst-Messe die Möglichkei­t zu geben, den Pontifex zu sehen.

Seit 2016 gibt es ein „Ministeriu­m für Toleranz“, das laufende Jahr wurde zum „Jahr der Toleranz“erklärt. In seiner Videobotsc­haft würdigte Franziskus die VAE als Land, das ein „Modell des Miteinande­rs“und der „Bruderscha­ft der Menschheit“sein wolle und in dem viele Menschen frei leben könnten.

Menschenre­chtsorgani­sationen verweisen dagegen auf die Inhaftieru­ng des Regierungs­kritikers Ahmed Mansour, dessen zehnjährig­e Haftstrafe wegen unbotmäßig­er Äußerungen erst vor wenigen Wochen bestätigt wurde. Die Tochter des Ministerpr­äsidenten soll nach einem Fluchtvers­uch gegen ihren Willen im Land festgehalt­en werden. Die Ausbeutung von ausländisc­hen Arbeitern – viele davon sind Christen – ist ein weiteres Problem.

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