Bei Bayer sind alle Blicke auf Bosz gerichtet
Der 3:1-Sieg gegen München beweist, dass Leverkusens Trainerwechsel der richtige Impuls war.
LEVERKUSEN Vielleicht war es Instinkt, vielleicht Erfahrung – oder eine Mischung aus beidem. Peter Bosz wollte jedenfalls nach dem 3:1-Sieg gegen den FC Bayern München nicht überschwänglich werden. Er weiß, dass so ein Ergebnis auch gefährlich sein kann. „Das war nicht unser bestes Spiel“, sagte der Niederländer, der seit seinem Amtsantritt bei Bayer Leverkusen ein 0:1 gegen Mönchengladbach und ein 3:0 beim VfL Wolfsburg erlebte. „Es ist nur ein Spiel und es sind nur drei Punkte.“
Dabei ist der Werkself dank seiner Taktik Bemerkenswertes gegen den Rekordmeister gelungen, der zuvor sieben Spiele in Folge gewann. Leon Goretzka hatte die Gäste kurz vor der Halbzeit in Führung gebracht, doch Leon Baileys sehenswerter Freistoß und zwei durch Kevin Volland und Lucas Alario abgeschlossene Konter drehten die Partie. „Aufgrund der zweiten Halbzeit haben wir verdient gewonnen“, sagte Rudi Völler.
Der Sportgeschäftsführer lobte Bosz für seine mutige und clevere Spielweise gegen das ersatzgeschwächte Starensemble aus München. Bitter war indes die Ursache für seine wohl entscheidende Umstellung: Kai Havertz musste nach etwa 45 Minuten mit einer Verletzung der Hüftmuskulatur vom Platz – eine Folge des rüden taktischen Fouls von Joshua Kimmich einige Minuten zuvor. Der Jungstar wird für das Pokalspiel am Dienstagabend beim 1. FC Heidenheim definitiv ausfallen. Sein Einsatz am Freitag in Mainz ist fraglich.
Für ihn kam mangels offensiver Alternativen Julian Baumgartlinger in die Partie. An der Seite des Chilenen Charles Aránguiz bildete der Ös- terreicher eine starke Doppel-Sechs. Julian Brandt war der einzige offensive Mittelfeldspieler. „Es hätte uns besser gefallen, wenn Baumgartlinger nicht reingekommen wäre“sagte Bayerns Trainer Niko Kovac. „Wir haben es 60 Minuten ordentlich gemacht, aber was ich bemängeln muss, ist unsere Kompaktheit.“SeinTeam habe Leverkusens Konterstärke „in die Karten gespielt“.
Für Bayer ist der erste Sieg gegen die Bayern seit Mai 2015 ein großer Schritt nach vorne. Mit nun 30 Punkten beträgt der Rückstand auf Platz sechs zwar immer noch einen Zäh- ler, aber Bosz hat der hochveranlagten Mannschaft den Spaß am Angriffsfußball zurückgebracht. Und den Glauben an die eigene Stärke. Brandt lobte den 55-Jährigen für seine Halbzeitansprache:„Er hat gesagt, dass wir ans uns glauben sollen und das Spiel noch drehen können“, erzählte er. Dass es genau so gekommen sei, tue „extrem gut“.
Unter Heiko Herrlich war die Spielweise bisweilen bieder und uninspiriert. Die Ergebnisse waren mäßig, die Attraktivität der Spiele bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls. Davon kann seit dem Trainerwechsel keine Rede mehr sein. „Wir sind auf einem guten Weg, der aber noch sehr lang ist“, mahnte Bosz – wohlwissend, dass Erfolg ein flüchtiges Phänomen sein kann. Seine Spieler waren da euphorischer. „Dieser Sieg wird uns tragen. Er gibt uns viel Selbstbewusstsein“, betonte Torwart Lukas Hradecky. „Das ist ein starkes Signal an alle kommenden Gegner. Egal ob sie 1:0 oder 3:0 führen – wir kommen zurück.“
Da war er dann doch noch, der Überschwang, der zu einem verdienten Sieg gegen den Rekordmeister passt.