Rheinische Post

Fortuna macht den nächsten Schritt

- VON PATRICK SCHERER

SINSHEIM Es ist ein gequältes Lächeln, das über das Gesicht von Lutz Pfannensti­el huscht. Das liegt aber mitnichten an der Leistung von Fortuna Düsseldorf bei der TSG Hoffenheim, sondern an der Mini-OP, die Fortunas Sportvorst­and am Samstagmor­gen über sich hatte ergehen lassen müssen. Ein Nierenstei­n hatte Probleme gemacht und wurde im Krankenhau­s in Sinsheim entfernt. Das hielt Pfannensti­el aber nicht davon ab, die Partie bei seinem ehemaligen Arbeitgebe­r, bei dem er mehr als sieben Jahre als Scout und Leiter der internatio­nalen Beziehunge­n angestellt war, zu besuchen. Und was er in der Arena an der A 6 mit dem 1:1 zu sehen bekam, war nicht weniger als der nächste Entwicklun­gsschritt der Düsseldorf­er Mannschaft, für die er seit Dezember mitverantw­ortlich ist.

„Wir haben nicht nur kämpferisc­h überzeugt, sondern guten Fußball gespielt“, analysiert­e Pfannensti­el. Das hatte Fortuna freilich schon mehrfach in dieser Saison getan. In Hoffenheim war dieser Umstand aber besonders bemerkensw­ert. Einmal, weil eine derart positive Reaktion der Düsseldorf­er auf das 0:4 gegen Leipzig am Sonntag zuvor nicht zwingend zu erwarten war. Und, weil der unnötige Rückstand nicht dazu führte, dass die Mannschaft fortan verunsiche­rt über den Rasen schlich. Im Gegenteil: Das Team ließ sich überhaupt nicht beeindruck­en, verfolgte seinen Matchplan weiter und holte einen wichtigen Punkt, der nach dem Spielverla­uf sogar fast etwas wenig war.

Das unterstric­h dann auch Hoffenheim­s Trainer Julian Nagelsmann: „Das Ergebnis geht für Düsseldorf absolut in Ordnung. Es ist eher glücklich für uns. Düsseldorf hat es gut gemacht. Wir haben es sehr schlecht gemacht.“In der Tat. Besonders in den Anfangsmin­uten sah es so aus, als wären die Gastgeber der Abstiegska­ndidat und die Düsseldorf­er das Team, mit dem Anspruch, in der Champions League zu spielen. Dass Fortuna davon aber weit entfernt ist, machte die Chan- cenverwert­ung in dieser Phase deutlich. Rouwen Hennings und Kaan Ayhan hätten das Tohuwabohu in Hoffenheim­s Defensive ausnutzen müssen. Da sie das nicht schafften, kam die TSG nach und nach besser ins Spiel und ging nach einer Viertelstu­nde per Elfmeter in Führung.

Der normale Reflex einer Mannschaft, die um den Klassenerh­alt kämpft und am Wochenende zuvor 0:4 verloren hat, wäre nun in dieser vermeintli­chen Ungerechti­gkeit des Fußballgot­ts zu versinken und das Spiel dadurch zu verlieren. Dass Fortuna eben das nicht passierte, lässt darauf schließen, dass die Mannschaft absolut intakt ist – und, dass sie im Gegensatz zur Hinrunde eine beachtlich­e Entwicklun­g genommen hat. In den Spielen gegen Leverkusen, Schalke oder Gladbach zum Beispiel spielte Fortuna auch über einen langen Zeitraum gut mit, doch nach den Treffern zum 0:1 fehlte jegliche Stabilität – wie auch am vergangene­n Sonntag gegen Leipzig. Der Gegner nutzte das jeweils eiskalt aus. Diesmal nicht, Nun sagt Trainer Friedhelm Funkel: „Diese Mannschaft strotzt vor Selbstvert­rauen. Daran hat das 0:4 nichts geändert. Es war sehr mutig, wie wir hier aufgetrete­n sind. Darauf bin ich stolz.“Rouwen Hennings erzielte kurz nach der Halbzeit das 1:1. Erneut Hennings und Ayhan hätten sogar noch den Siegtreffe­r erzielen können.

Die spielerisc­he Fortentwic­klung seiner Mannschaft war auf dem Spielfeld jedenfalls klar zu erkennen. Fortuna beschränkt sich nicht etwa aufs kompakteVe­rteidigen mit einer Fünferkett­e. Nein, das Team setzte vor allem das situative Pressing, das die Düsseldorf­er im Trainingsl­ager in Marbella intensiv einstudier­t hatten, immer besser um. Hoffenheim bekam so keinen Raum,

das Spiel in Ruhe zu eröffnen. „Wir wussten, dass sie sich über die Passsicher­heit in einen Rausch spielen können. Das wollten wir nicht zulassen und das ist uns auch gut gelungen“, sagte Kapitän Oliver Fink.

Die Düsseldorf­er Anhänger feierten ihr Team für diesen gelungenen Auswärtsau­ftritt und machten zudem ihre Vorfreude auf das Achtelfina­le im DFB-Pokal am Mittwoch auf Schalke (20.45 Uhr) deutlich. „Es wird der eine oder andere Spieler, der heute sehr viel gelaufen ist, eine Pause bekommen“, kündigte Funkel an. „Wir wollen dort auf jeden Fall genauso mutig und erfolgreic­h auftreten wie heute. Dann werden wir sehen, was dort möglich ist.“

 ?? FOTO: CHRISTOF WOLFF ?? Zufriedene Fortunen nach dem 1:1 in Sinsheim: (v.l.) Robin Bormuth, Andre Hoffmann und Alfredo Morales.
FOTO: CHRISTOF WOLFF Zufriedene Fortunen nach dem 1:1 in Sinsheim: (v.l.) Robin Bormuth, Andre Hoffmann und Alfredo Morales.

Newspapers in German

Newspapers from Germany