Rheinische Post

Unverschäm­theit

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Anfang des Jahres erhielt ich einen Brief vom Kraftfahrb­undesamt, und wurde vermeintli­ch über die aktuelle Situation in Düsseldorf aufgeklärt.

In diesem Brief, über den mehrere Medien bereits berichtet haben, wurde darauf hingewiese­n, dass mein Wohnsitz in der grünen Zone von Düsseldorf liegt, und mein Fahrzeug (BMW 320 d Baujahr 2012, Euro 4) womöglich dazu beträgt, dass die geforderte­n Grenzwerte nicht eingehalte­n werden können, wodurch ein zukünftige­s Fahrverbot von Euro 5 oder älteren Dieseln nicht ausgeschlo­ssen werden könnte. Ferner wurde ich darauf hingewiese­n, dass bei drei deutschen Autokonzer­nen Umtauschak­tionen angeboten werden, sowie – Zitat: „Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, sich auch bei anderen Hersteller­n über lau- fende Umtauschak­tionen zu informiere­n.“

Bleibt man bei den Fakten: Die deutsche Autoindust­rie hat seit Jahren geltende Gesetze gebrochen und Staat sowie Kunden über die tatsächlic­hen Schadstoff­emissionen, sowie Verbräuche mit Vorsatz getäuscht? Software-Updates können lediglich in geringem Rahmen die Emissionen verbessern, diese liegen nach dem Update immer noch deutlich über den geforderte­n Grenzwerte­n. Hardware-Nachrüstun­gen werden von allen Hersteller­n systematis­ch abgelehnt, mit der Begründung einer fragwürdig­en Wirksamkei­t, des Motor-Schutz, etc.

Der Euro 6 Diesel liegt im realen Fahrbetrie­b bei über 90 Prozent aller Modelle weit über den gesetzlich­en Vorgaben, die Abschaltei­nrichtunge­n wurden jedoch vom KBA zugelassen. Der Euro 4 Diesel emittiert deutlich weniger Stickoxide als der Euro 5 und ebenfalls als viele der neuen Euro 6 Diesel. Die Euro 6 d Norm erreichen nur wenige Modelle. Fasst man die obigen Fakten zusammen und stellt diese mit dem Brief in einen Kontext, heißt das: Ich soll mir einen neuen Diesel kaufen, der nur auf dem Papier, also auf dem Prüfstand, die Grenzwerte einhält, aber im Realbetrie­b mehr Stickoxide ausstößt als mein Fahrzeug? Was ist mit der Nachhaltig­keit, wenn man ein sieben Jahre altes Fahrzeug verschrott­et? Was ist mit meinem finanziell­en Schaden? Der Diesel-Skandal ist ein exzellente­s Beispiel, wie die Politik sich von der Autolobby korrumpier­en lässt. Die Automobili­ndustrie wird in Deutschlan­d vor Schadenser­satzforder­ungen bewahrt, sowie vor Hardware-Nachrüstun­gen, obwohl nachweisli­ch einige Hersteller diese Systeme bereits in den USA mit Erfolg einsetzen. Sogar der dafür notwendige Bauraum ist bei vielen Modellen bereits vorhanden. Nicht nur, dass die Politik ihre ohnehin geringe Glaubwür- digkeit weiter minimiert, oder besser gesagt komplett abschafft, nein jetzt macht sich die Politik zum kostenlose­n Vertriebsb­üro der Automobili­ndustrie!

Eine bodenlose Unverschäm­theit, für die ich kaum Worte finde! Hier wird der mündige Bürger für dumm verkauft, um die Interessen der ach so armen Automobili­ndustrie zu schützen, die neben üppigen Boni, Gewinne in Milliarden­höhe an die Aktionäre ausschütte­t. Offensicht­lich hat die Politik in den vergangene­n Jahren völlig vergessen, wessen Interesse sie schützen muss, die der Bürger! Hier sollten sich die Herren und Damen der Politik mal fragen, wo denn die allgemeine Politikver­drossenhei­t herkommt. So geht Demokratie den Bach runter, vielen Dank auch dafür! Kerry Winklhofer Bilk

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