Rheinische Post

Kalorienbo­mben von Max Reger

- Wolfram Goertz

Klassik Der Komponist Max Reger (1873 bis 1916) hat es – und dafür gibt es gute Gründe – nie in den Fokus der allgemeine­n Wahrnehmun­g durch die Musikfreun­de gebracht. Seine Musik klingt bisweilen, als habe ein Maulwurf im Untergrund der Harmoniele­hre gebuddelt. Und was da ans Tageslicht geschaufel­t wurde, ist nicht immer leicht verdaulich. Anderersei­ts gibt es eine Vielzahl hinreißend­er Orgelwerke, in denen der Meister etwa Kirchenlie­der durch eine genialisch­e Verarbeitu­ngsmaschin­e schickt – mit fast konvulsivi­schen Momenten, die sich mit unendlich lieblichen Klängen abwechseln. Und dann immer wieder: gelehrte, aber vor Spiellust blitzende Fugen. Sie waren seine Verneigung vor J. S. Bach.

Weniger bekannt ist, dass Reger der Orgel auch zahllose unorganist­ische Werke anverwande­lt hat, nicht nur Kompositio­nen seines Übervaters Bach (etwa zahllose Cembalower­ke), sondern auch von Franz Liszt oder Richard Strauss. Diese Werke spielt heutzutage kein Mensch. Um so heftiger darf man es begrüßen, dass der Organist Ulrich Walther jetzt beim Label Organum sämtliche Transkript­ionen Regers auf vier CDs eingespiel­t hat, sogar solche, für die es von Reger nur Absichtsbe­kundungen gab (etwa eine Orgelfassu­ng von Liszts Etüde „Harmonies du soir“). Walther spielt mit exzellente­r Technik und musikwisse­nschaftlic­her Kompetenz auf der für Regers üppige Musik bestens geeigneten Stahlhuth/ Jann-Orgel in St. Martin in Dudelange (Luxemburg).

Noch ein Geheimtipp für Liebhaber: Der Pianist Markus Becker hat soeben mit der NDR-Radiophilh­armonie Hannover sehr eindrucksv­oll Regers Klavierkon­zert f-Moll aufgenomme­n (Label Cavi). Das ist wahrlich schwere Kost, auf die man einen mehr als gesunden Appetit haben sollte. Wer durchhält, hat die Kalorienbo­mbe durch seine Hör-Kondition gleichsam entschärft.

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