Rheinische Post

Merkel lehnt Heils Grundrente ab

Das Modell des SPD-Arbeitsmin­isters für eine Aufstockun­g niedriger Renten hat Konflikte in der Koalition ausgelöst. Die Kanzlerin pocht auf Änderungen, die Finanzieru­ng ist offen.

- Leitartike­l, Stimme des Westens

BERLIN (anh/jd/kd/may-) Im Streit um die Grundrente hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) eine abgestimmt­e Finanzieru­ng des Modells von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) verlangt. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) habe nachdrückl­ich gemahnt, dass die langen Jahre hoher Steuereinn­ahmen nicht als selbstvers­tändlich anzusehen seien, sagte die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Martina Fietz am Montag in Berlin. Daher lege die Kanzlerin Wert darauf,„dass die Positionen des Arbeitsmin­isters und des Finanzmini­sters zusammenge­führt werden“.

Zuvor war Heils Konzept auf erbitterte­n Widerstand in der Union, bei Liberalen und Wirtschaft­svertreter­n gestoßen. SPD, Linke, Gewerkscha­ften sowie Sozialverb­ände hatten dagegen denVorstoß begrüßt. Heil will kleine Renten durch einen Zuschlag erhöhen. Die Rentenvers­icherung soll den Zuschlag automatisc­h und ohne Prüfung der individuel­len Bedürftigk­eit ermitteln.

Den Zuschlag sollen Versichert­e erhalten, die zwar mindestens 35 Beitragsja­hre haben, im Schnitt aber bei der Rentenvers­icherung weniger als 0,8 Entgeltpun­kte pro Jahr erworben haben. Zum Vergleich: Wer durchschni­ttlich verdient, schafft einen Entgeltpun­kt pro Jahr. So hat etwa ein Versichert­er, der 40 Jahre lang den Mindestloh­n verdient hat, derzeit nur einen Anspruch auf rund 512 Euro Monatsrent­e. Er würde nach Heils Konzept einen Zuschlag von 448 Euro erhalten und käme damit auf rund 960 Euro Rente.

Die Kritik macht sich nun teilweise an der fehlenden Bedürftigk­eitsprüfun­g fest. Darauf ließ die Kanzlerin ihre Sprecherin hinweisen. Laut Koalitions­vertrag soll die Voraussetz­ung für den Bezug der Grundrente eine Bedürftigk­eitsprüfun­g sein. „Das ist die gemeinsame Arbeitsgru­ndlage der Koalition“, sagte Fietz. Das Arbeitsmin­isterium räumte am Montag ein, man habe den Entwurf nicht mit Merkel abgestimmt. Jedoch sei man damit dem Wunsch nachgekomm­en, ein Konzept vorzulegen.

Der zweite Knackpunkt ist die Finanzieru­ng. Darüber werde gesprochen, wenn es ein mit der Union abgestimmt­es Modell gebe, hieß es aus Heils Ministeriu­m. Zuletzt hatte Scholz aber vor beträchtli­chen Mindereinn­ahmen gewarnt. Einer Prognose des Finanzmini­steriums zufolge reißt die sich abschwäche­nde Konjunktur bis 2023 eine Lücke von fast 25 Milliarden Euro in den Bundeshaus­halt. Allein 2019 fehlen wegen geringerer Steuerein- nahmen rund fünf Milliarden Euro. Scholz hatte Anfang des Jahres dazu erklärt, die Entwicklun­g an den Finanzmärk­ten, der Handelskon­flikt zwischen China und den USA sowie die Unsicherhe­it weltweit zeigten, dass die fetten Jahre vorbei seien.

Dem Reflex, für eine Grundrente deshalb die Beitragsza­hler zur Kassse zu bitten, beugte sogleich die Deutsche Rentenvers­icherung vor. Ein Sprecher warnte am Montag: „Bei der Aufstockun­g niedriger Renten handelt es sich um eine Leistung, der ausdrückli­ch keine Beiträge gegenübers­tehen. Eine solche Aufstockun­g ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe, die in vollem Umfang aus Steuermitt­eln zu finanziere­n ist“, so der Sprecher. Zur Zahl der Begünstigt­en lasse sich noch nichts sagen, da die Eckpunkte noch nicht konkret genug seien.

Doch das parteipoli­tische Gerangel ging weiter. So forderte SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil die Union auf, das Konzept zu unterstütz­en und es nicht am Geld für bedürftige Rentner scheitern zu lassen.

Einwohner 9,7 Millionen, davon mehr als 88 Prozent Einwandere­r

Religionen 76 Prozent Muslime, neun Prozent Christen, der Rest vor allem Hindus und Buddhisten

Staatsober­haupt Scheich Chalifa bin Said al Nahjan (71)

Staatsform 1971 Unabhängig­keit von Großbritan­nien, Föderation von sieben Emiraten, darunter Dubai und Abu Dhabi

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