Rheinische Post

Telefonat mit Justizmini­ster erregt Argwohn

Was war der Inhalt des Gesprächs von Peter Biesenbach mit dem Staatsanwa­lt, der den angebliche­n Hackerangr­iff auf Christina Schulze Föcking untersucht­e?

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Ex-NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) fasste die Atmosphäre in Worte: „Das löst Argwohn aus.“Hat Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) verbotenen Einfluss auf staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en genommen? Am Montag hinterfrag­te der parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss erneut den Umgang der Landesregi­erung mit dem vermeintli­chen Hacker-Angriff auf die inzwischen zurückgetr­etene Umweltmini­sterin Christina Schulze Föcking (CDU) im vergangene­n Frühjahr, der sich inzwischen als Bedienfehl­er herausgest­ellt hat.

Obschon die Ermittler schon wenige Tage nach der vermeintli­chen Attacke den Hergang weitgehend geklärt hatten, zogen sich die Ermittlung­en noch monatelang hin. Der Verdacht der Opposition: Wollte die Landesregi­erung Schulze Föcking wider besseres Wissen als Opfer inszeniere­n? Der „Argwohn“, von dem Jäger sprach, speist sich aus der Chronologi­e, die in der Ausschussi­tzung deutlich wurde:

Am 15. März alarmiert Schulze Föcking die Polizei, weil auf ihrem Wohnzimmer-TV eine Filmsequen­z zu sehen ist, die sie im Landtag zeigte. Am 16. März berichtet die Regierung öffentlich über Ermittleri­nformation­en, wonach Unbekannte auf persönlich­e Daten der Ministerin zugegriffe­n hätten. Am 19. März verfasst der zuständige Staatsanwa­lt den Entwurf eines Berichts für das Justizmini­sterium. Darin heißt es: „Die Auswertung ist abgeschlos­sen. Der Anfangsver­dacht einer Straftat hat sich nicht bestätigt.“Am 29. März reisen Ermittler und Staatsanwa­lt zum Wohnsitz der Familie Schulze Föcking, um sie mit ihren Ergebnisse­n zu konfrontie­ren: Mit „hoher Wahrschein­lichkeit“habe die Mutter aus einer Nachbarwoh­nung das Video versehentl­ich per iPad auf den Fernseher übertragen.

Noch während dieser Unterricht­ung verlässt Christina Schulze Föcking vorübergeh­end den Raum. Plötzlich erhält der Staatsanwa­lt einen Anruf von Biesenbach. Danach packen die Ermittler diverse Elektronik­geräte der Familie Schulze Föcking wieder ein und setzen die Ermittlung­en fort.

Der Staatsanwa­lt, der gestern als Zeuge aussagte, wurde zum Inhalt dieses Telefonats befragt. „Er fragte nach dem Sachstand des Verfahrens“, sagte der Staatsanwa­lt aus. Das Telefonat habe „einige Minuten“gedauert. Auslöser für die Fortsetzun­g der Ermittlung­en sei nicht das Telefonat gewesen, sondern „das massive Beharren“der Familie.

Der Vorgesetzt­e des Staatsanwa­lts, der ebenfalls als Zeuge aussagte, nannte es „ungewöhnli­ch“, dass ein Justizmini­ster sich persönlich mit einem ermittelnd­en Staatsanwa­lt in Verbindung setzt. „Noch dazu in einem Fall, bei dem es um eine Kabinettsk­ollegin geht“, wie Jäger bemerkte. DerVorgese­tzte sagte, er habe „diesen Akt nicht als Einflussna­hme gewertet“, zumindest sei eine Einflussna­hme für ihn „nicht wahrnehmba­r“gewesen.

In Kürze will der Ausschuss Schulze Föcking selbst, Biesenbach, NRW-Innenminis­ter Herbert Reul und den Regierungs­sprecher als Zeugen vernehmen.

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