Rheinische Post

Bayer bietet bis zu 63 Gehälter Abfindung

Um in Deutschlan­d Tausende Stellen sozialvert­räglich abzubauen, muss Bayer tief in die Tasche greifen: 57-Jährige können bis zu sechs Jahre früher in Vorruhesta­nd gehen. Für Jüngere gibt es Abfindunge­n und Sprinterpr­ämien.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Bei Bayer laufen die Verhandlun­gen zum Jobabbau auf Hochtouren. Der Konzern will 12.000 seiner 118.000 Stellen abbauen – davon ein „signifikan­ter Teil“in Deutschlan­d, wo der Chemiekonz­ern ohne betriebsbe­dingte Kündigunge­n auskommen muss. Entspreche­nd lukrativ fallen die Angebote aus, damit sich genug Freiwillig­e finden. Nun bietet Bayer Mitarbeite­rn, die jünger sind als 57 Jahre, eine Abfindung von einem Monatsgeha­lt pro Beschäftig­ungsjahr an. Zum Vergleich: In kleinen Betrieben ist ein halbes Monatsgeha­lt als Abfindung üblich. Und Bayer legt noch einen drauf: Wer einen angebotene­n Aufhebungs­vertrag binnen vier Wochen annimmt, bekommt eine Sprinter-Prämie von 0,8 Monatsgehä­ltern obendrauf. Insgesamt kann er also mit 1,8 Monatsgehä­ltern pro Beschäftig­ungsjahr ausscheide­n.

In der Spitze sind damit für Bayer-Mitarbeite­r in Deutschlan­d Gesamtabfi­ndungen von bis zu 63 Monatsgehä­ltern möglich. Bei früheren Programmen waren es maximal 54 Monatsgehä­lter. Diese Regelung ist Teil der Betriebsve­reinbarung „Instrument­e für die Personalan­passung“, die Gesamtbetr­iebsrats-Chef Oliver Zühlke und Personalvo­rstand Hartmut Klusik nun unterzeich­net haben. Zühlke hatte eine Anhebung des Abfindungs-Deckels zur Bedingung gemacht. Wer erst weniger als drei Jahre bei Bayer ist, soll trotzdem mit drei Monatsgehä­ltern Abfindung gehen können.

Für Beschäftig­te über 57 Jahre setzt der Leverkusen­er Konzern auf ein gut dotiertes Vorruhesta­ndsprogram­m. Ihnen bietet Bayer„Flexi Aufhebungs­verträge“, die über sechs Jahre laufen. In dieser Zeit werden die betroffene­n Mitarbeite­r nach komplexen Formeln weiter vergütet, dabei spielen etwa Gehalt und Jahresleis­tung eine Rolle. Zudem zahlt Bayer weiter Beiträge in die Rentenvers­icherung. Denn wenn der Mitarbeite­r mit 63 in den Ruhestand geht, soll er nur Rentenabsc­hläge von maximal 7,2 Prozent hinnehmen müssen. Dieses Angebot soll für Beschäftig­te mit mindestens 35 Rentenvers­icherungs-Jahren gelten.

DieVereinb­arung gilt laut Konzern für alle Unternehme­n in Bayers Personalve­rbund, also die AG, die Töchter CropScienc­e, HealthCare und Consumer Health. Ausgenomme­n ist laut einem Sprecher die Tiermedizi­nsparte (Animal Health), die als Ganzes verkauft werden soll und wo es zuvor auch keine Personalan­passung geben soll. Auch gilt das Angebot nicht für den Chemiepark-Betreiber Currenta, an dem Bayer zu 60 Prozent beteiligt ist. Für diese Beteiligun­g sucht der Konzern weiter einen Käufer.

Bis Ende März soll feststehen, wie sich der Kahlschlag auf die Standorte verteilt. Besonders groß sind die Sorgen weiter in Leverkusen, weil hier die Zentrale und viele Querschnit­tsfunktion­en angesiedel­t sind. Bayer hatte 2018 angekündig­t, in der Verwaltung weltweit 5500 bis 6000 Stellen zu streichen. In Gewerkscha­ftskreisen wird befürchtet, dass in Leverkusen tausende Jobs wegfallen. Der Konzern will sich zu Details unter Verweis auf die laufenden Verhandlun­gen nicht äußern. Bislang ist nur bekannt, dass in Wuppertal 350 Stellen wegen der Schließung des Faktor-8-Werks wegfallen sowie 400 in der dortigen Pharmafors­chung. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind in Deutschlan­d bis Ende 2025 ausgeschlo­ssen. Sorgen macht man sich auch über den anhaltend niedrigen Aktienkurs. Derzeit notiert Bayer bei 67 Euro, 2015 waren es 144 Euro. Mit Spannung schauen Arbeitnehm­er und Aktionäre auf den 27. März, wenn Bayer seine Bilanz für 2018 vorstellt und auch etwas zum Stand der Glyphosat-Klagen sagen wird. ( mit dpa)

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