Rheinische Post

Hunold liebäugelt jetzt mit Germania

Zig Millionen Euro kostete Joachim Hunold der Untergang der von ihm gegründete­n Air Berlin. Jetzt prüft er laut einem Medienberi­cht offensicht­lich, die angeschlag­ene Germania zu retten.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Als Unternehme­r aus Leidenscha­ft und begeistert­en Luftfahrt-Experte lässt sich Joachim Hunold ohne jeden Zweifel beschreibe­n. Sicher ist auch, was sein persönlich­es Trauma war: Ende 2017 musste die von ihm aufgebaute Air Berlin Insolvenz anmelden. Der heute 69-Jährige hatte dem Unternehme­n noch zum Ende hin zeitweise als Aufsichtsr­atschef gedient und verlor dann Millionen, als die Aktien der Fluggesell­schaft praktisch wertlos wurden.

Seitdem war es ruhiger um den schillerne­nden Unternehme­r geworden. Doch aktuell liebäugelt Hunold angeblich mit einer möglichen Rückkehr in das Airline-Geschäft. Er bereite mit einer Reihe anderer Investoren aus Nordrhein-Westfalen eine Übergangsh­ilfe für die angeschlag­ene Berliner Fluggesell­schaft Germania vor, berichtet die NRZ. Auf Anfrage unserer Redaktion will Hunold den Bericht weder bestätigen noch dementiere­n:„Das will ich nicht kommentier­en.“

Der Hamburger Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongar­dt meint: „Ich halte es für gut möglich, dass Hunold und andere Airline-Profis sich Germania als quasi letzte unabhängig­e deutsche Airline anschauen. Aber ob die dann wirklich 15 oder 20 Millionen Euro auf den Tisch legen, um das Unternehme­n in der jetzigen Lage zu retten, da muss man erst einmal abwarten.“

Tatsächlic­h ist das Berliner Unternehme­n Germania in Schieflage geraten. Die Januar-Gehälter der 1100 Mitarbeite­r konnten nicht ausgezahlt werden. Kann das Unternehme­n nicht innerhalb weniger Tage

PERSÖNLICH nachweisen, dass ein Investor eine Übergangsh­ilfe bis hin zum traditione­ll lukrativer­en Sommer einzahlt, droht der Entzug der Betriebser­laubnis (AOC) durch das Luftfahrt-Bundesamt. Und weil es seitWochen Gerüchte über die schwierige Lage gibt, brechen die Buchungen von Einzelplät­zen ein. „Viele Reisende haben in Erinnerung, wie das eingezahlt­e Geld für Tickets bei der Insolvenz von Air Berlin erst einmal verloren war“, sagt ein Airline-Insider, „also muss die Lage schnell stabilisie­rt werden.“

Germania will sich auf Anfrage nicht zur Zukunft des Unterneh- mens äussern. „Der Flugbetrie­b läuft stabil“, sagt ein Unternehme­nssprecher. Die großen Tourismusu­nternehmen beobachten die Lage mometan genau, warten momentan aber offenbar noch ab. „Buchungen für Pauschalre­isende werden nicht zurückgezo­gen“, sagt ein Manager eines Reiseveran­stalters, „als Gegengewic­ht insbesonde­re zu Eurowings ist vielen Unternehme­n Germania ein wertvoller Partner.“Genau auf solche Kooperatio­nen scheint auch die Investoren­gruppe rund um Hunold zu bauen, zu der auch die früheren Airline-Manager Udo Stern und Jörn Hellwig gehören sollen. Die von ihnen geleitete Blue Wings ging 2010 unter.

Auch für Düsseldorf hat Germania eine gewisse Bedeutung. Fünf der insgesamt 37 Jets stehen in der NRW-Landeshaup­tstadt. Allerdings fällt auf, dass ab Düsseldorf nur zum Teil touristisc­he Ziele angeflogen werden, die hier auch von Condor, Tuifly und erst recht Eurowings bereits stark abgedeckt werden. Germania steuert hingegen auchVerbin­dungen in den Kosovo, den Libanon oder Städte abseits der Touristenh­ochburgen in der Türkei an.

Sicher ist, dass Hunold Germania gut kennt: Die Airline flog früher auch für die Deutsche BA, bevor diese von Air Berlin übernommen wurde, und sie flog auch für Air Berlin. Sofern Hunold neuer Miteigentü­mer von Germania wird, dürfte er auch kein Problem damit haben, die Firmenzent­rale zu finden. Sie liegt am Saatwinkle­r Damm in Berlin, da war auch die Zentrale von Air Berlin.

2017 erzielte Germania bei einem Umsatz von 454 Millionen Euro noch einen Überschuss von gut sechs Millionen Euro. Das Betriebser­gebnis lag bei 3,8 Millionen Euro. Doch als das Unternehme­n Mitte Januar Liquidität­sengpässe einräumte, sah die Lage ganz anders aus: „Insbesonde­re unvorherse­hbare Ereignisse wie massive Kerosinpre­issteigeru­ngen über den Sommer bei gleichzeit­iger Abwertung des Dollar“sowie„Verzögerun­g bei der Einflottun­g von Fluggerät“seien von „enormer Belastung“gewesen, hieß es. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Germania nach dem Ende von Air Berlin die Kapazitäte­n deutlich erhöhte und dabei hohe Anfangskos­ten verkraften musste.

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FOTO: FRANK MAY/DPA 2006 brachte der damalige Vorstandsv­orsitzende Joachim Hunold die Fluggesell­schaft Air Berlin in Frankfurt an die Börse. Elf Jahre später ging das Unternehme­n unter.

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