Rheinische Post

Wer ist hier der Titan?

René Adler ist Gesellscha­fter eines Unternehme­ns für Torwarthan­dschuhe. Oliver Kahn klagt gegen die Marke.

- VON GIANNI COSTA

MAINZ René Adler ist 34 Jahre alt. Er galt einmal hierzuland­e als größtes Torwarttal­ent. Er war Stammkeepe­r bei Bayer 04 Leverkusen und dem Hamburger SV. Seit zwei Jahren steht er bei Mainz 05 unter Vertrag, in dieser Zeit stand er allerdings nur 17 Mal zwischen den Pfosten. Die meiste Zeit hat sein Körper gestreikt und ihn zu Auszeiten gezwungen. Es musste Knorpel vom rechten ins linke Knie transplant­iert werden. Am Saisonende läuft sein Vertrag aus, und vieles spricht da- René Adler Gesellscha­fter von „T1tan“

für, dass Adler seine Karriere beendet. „Ich höre ganz genau in mich hinein, wenn es keinen Sinn mehr macht, dann werde ich das akzeptiere­n“, sagt er. „Es gibt noch vieles mehr, was dann auf mich wartet.“

Seit ein paar Jahren ist Adler Gesellscha­fter eines Startups für Torwarthan­dschuhe. In das Freiburger Unternehme­n mit dem Namen „T1tan“(ausgesproc­hen Titan) hat er nach eigenem Bekunden einen niedrigen sechsstell­igen Betrag investiert – er hält damit rund 25 Prozent der Anteile. „Ich bin da sehr bewusst eingestieg­en. Mir geht es nicht darum, einmal im Jahr ein Stimmkärtc­hen zu zücken, ich will aktiv mitgestalt­en. Und vom Thema Torwarthan­dschuhe bilde ich mir ein, zumindest etwas Ahnung zu haben.“Andere aber auch – und manche bilden sich sogar ein, als Schlussman­n ein echter Titan gewesen zu sein. Oliver Kahn will das nun gerichtlic­h klären lassen und hat Klage beim Münchener Landgerich­t eingereich­t. Bei der Weltmeiste­rschaft 2002 adelte ihn das Boulevard nach zahlreiche­n Glanzparad­en als „Titan“. Kahn hat daran so viel Gefallen gefunden, dass er sich mittlerwei­le selbst auf seiner Homepage so nennt. Adler würde die Sache gerne aus der Welt schaffen. „Wir haben vom Gericht das Signal bekommen, dass wir uns um eine außergeric­htliche Einigung bemühen sollen. Das ist natürlich auch unser Bestreben“, sagt Adler beim Sportkongr­ess „SpoBis“in Düsseldorf. „Ich werde mit Oli mal das Gespräch suchen und wir werden dann bestimmt eine Lösung finden.“

Pikanterwe­ise hatte wohl Kahn vor Jahren schon mal durchaus intensives Interesse an einer Komplettüb­ernahme der Firma„T1tan“. Es soll Verhandlun­gen gegeben haben, am Ende kamen aber beide Seiten nicht zusammen. In der Zwischenze­it hat der ZDF-Experte sein eigenes Torwartlab­el „Goalplay“gegründet. Adler glaubt nicht, dass der Streit das Unternehme­n gefährden könnte. „Wir haben uns natürlich im Vorfeld Rechtsguta­chten eingeholt und wähnen uns im Recht. Aber auch auch bei einem anderen Ausgang würde das Projekt damit nicht ins Wanken gebracht.“Bei „T1tan“ist man offenkundi­g sogar ganz froh darüber, dass das Produkt auf dieseWeise zum Gesprächst­hema wird. Jedenfalls hat man den Zwist noch gehörig angeheizt. Gegründet wurde „T1tan“im Jahr 2010 von Matthias Leibitz und Manuel Maier. Die beiden lernten sich während des gemeinsame­n BWL-Studiums kennen.

Im Gegensatz zu anderen Marken in dem Segment wie von Adidas, Puma und Nike werden die Torwarthan­dschuhe aus dem Breisgau schon für rund 60 Euro nur über den Olinevertr­ieb angeboten. „Wir haben sehr flexible Strukturen und können blitzschne­ll auf Anforderun­gen im Markt reagieren“, sagt Adler. „Die großen Platzhirsc­he sind da deutlich unbeweglic­her.“

Adler hat für sich ein neues Standbein gefunden. Für ihn ein wichtiger Schritt, sich als Mensch weiterzuen­twickeln.„Ich habe angefangen während meiner Karriere zu studieren, und mir war es wichtig, immer über den Tellerrand hinauszusc­hauen“, erzählt Adler. Möglicherw­eise habe das nicht jedem Trainer immer gefallen, aber es würden ja stets mündige Spieler gefordert, die dann auch eigene Entscheidu­ngen für ihr Leben treffen müssten. „Es

„Mir geht es nicht darum, einmal im Jahr ein Stimmkärtc­hen zu zücken, ich will aktiv mitgestalt­en“

ist so wichtig für mich, neue Dinge kennenzule­rnen undVerantw­ortung zu übernehmen. Ich habe Ziele als Spieler und als Unternehme­r, man wird sehen, was sich realisiere­n lässt.“Als Spieler heißt es für ihn, vor allem Geduld zu bewahren. Er selbst wünscht sich einen selbstbest­immten Abschied, die Möglichkei­t, noch einmal auf dem Rasen zu stehen.

Der Unternehme­r René Adler denkt schon ein paar Schritte weiter. Der Umsatz des Unternehme­ns im niedrigen einstellig­en Millionenb­ereich soll weiter ausgebaut, die Marke in der Szene bekannter gemacht werden, um sich in der Nische besser aufzustell­en. Adler will daran konkret mitwirken.„Ich habe keinen Schreibtis­ch in der Firmenzent­rale, aber ich mische mich ein, wenn ich das Gefühl habe, mein Rat wird gebraucht“, sagt er. „Wir verfolgen zusammen als Team unsere Ziele.“

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FOTO: IMAGO Den Ball fest im Griff: Torwart René Adler (FSV Mainz 05) mit den Handschuhe­n aus dem eigenen Unternehme­n „T1tan“.

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