Unklarer Rückenschmerz
Die Diagnose eines Morbus Bechterew wird manchmal vorschnell gestellt. Rheumatologen können die Dinge meist zurechtrücken.
Uwe K. aus Neuss fragt: „Meine 17-jährige und sportliche Tochter hat seit etwa einem Jahr oft abends Rückenschmerzen, die auf Ibuprofen gut ansprechen. Nach einem MRT ist ein Morbus Bechterew diagnostiziert worden. Wie kann jetzt eine Therapie beginnen?“
Stefan Ewerbeck Der Morbus Bechterew gehört zu der Gruppe der entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen. Diese Gruppe umfasst sehr unterschiedliche Krankheitsbilder. Allen gemeinsam sind entzündliche Veränderungen des Achsenskeletts. Dies umfasst sowohl die gesamten Wirbelsäule, die Kreuz-Darmbein-Gelenke, aber auch Hüften, Knie, Sprunggelenke und typischerweise auch Sehnen und Sehnenansätze. Häufig gibt es eine genetische Veranlagung, nachweisbar durch den Marker HLA-B27.
Charakteristisch ist auch eine Beteiligung von Augen, Darm und Haut, etwa in Form einer Psoriasis (Schuppenflechte). Diese Krankheitsbilder treten in der Regel erstmalig beim jungen Menschen auf, zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr.
Sehr typisch ist der so genannte entzündliche Rückenschmerz, ein Schmerz der früh morgens beginnt, die Betroffenen nicht mehr schlafen lässt und der mit Bewegung eher besser wird. Die Symptomatik wird oft fehlgedeutet, was zu einer erheblichen Verzögerung der Diagnosestellung führt. Die Verzögerung beträgt bei Männern bis zu 5 Jahren, bei Frauen bis zu 14 Jahren.
Bei Ihrer Tochter liegt, weil die Beschwerden abends einsetzen, eher kein entzündlicher Rückenschmerz vor. Unglücklicherweise wurde das genetische Merkmal HLA-B27 gefunden, was dann auch zur Durchführung eines MRT führte. HLA-B27 ist jedoch ein Merkmal, das bei acht bis zehn Prozent der Bevölkerung nachgewiesen werden kann; eine Diagnose lässt sich hieraus nicht ableiten.
Wenn ein MRT ein sogenanntes flächenhaftes Knochenmarködem um die
Wenn der Schmerz abends kommt, spricht das gegen Rheuma
Kreuz-Darmbein-Gelenke zeigt, kann es der Radiologe möglicherweise als entzündlich bewerten. Dadurch würde die Diagnose eines Morbus Bechterew gebahnt. Bei genauer Betrachtung der Bilder zeigen sich aber möglicherweise typische Veränderungen einer sportlich aktiven Patientin, die sich von entzündlichen Veränderungen abgrenzen lassen (so genannte Hyperostosis triangularis ilii et sacrii).
Ihre Tochter leidet vermutlich nicht am Morbus Bechterew und muss auch nicht danach behandelt werden. Das Beispiel zeigt aber, dass Patienten mit unklaren Rückenschmerzen einem Rheumatologen vorgestellt werden sollten, um falsche Diagnosen einerseits und Folgeschäden andererseits zu vermeiden.