Rheinische Post

Falsche Polizisten stehlen zwei Millionen

Organisier­te Betrüger haben Düsseldorf­er Senioren im vergangene­n Jahr um ein Vermögen gebracht. Die Anrufe der falschen Polizisten häufen sich derzeit wieder. Den echten Fahndern bleibt nur, immer wieder zu warnen.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Jeden Tag klingelt in Düsseldorf irgendwo ein Telefon, und ein Mann stellt sich als Kriminalko­mmissar vor. Meistens durchschau­en die Angerufene­n den Trick sofort. Entweder, weil sie durch die zahllosen Berichte gewarnt sind, oder auch, weil sie einfach wissen, dass die Kripo nicht am Telefon nach den Finanzen eines Bürgers fragt. Viele legen einfach auf, und immer öfter rufen sie dann auch die 110 an und landen schnell im Kommissari­at von Markus Gerhards. Sein Team schätzt, dass die Zahl der misslungen­en Betrugsver­suche deutlich höher ist. „Für viele Leute ist die Sache mit dem beendeten Gespräch erledigt“, sagt Gerhards.

Dabei kann jeder gescheiter­te Versuch den Ermittlern wichtige Erkenntnis­se über die Täter bringen. Beispielsw­eise, dass sie ihre Technik auf die Warnungen der Polizei ausrichten. Den Trick, die Telefonnum­mer der Polizei im Display der An- gerufenen anzuzeigen, nutzen sie beispielsw­eise nicht mehr so oft. Stattdesse­n weisen sie darauf hin, dass die Nummer nicht sichtbar ist, eben weil sie „von der Polizei“seien. Der freundlich­e Beamte sagt dann so etwas wie: „Ich lege jetzt auf, und wenn Sie einen Piepton höre, wählen Sie die 110, dann haben Sie meinen Kollegen dran.“Die Angerufene­n, sagt Gerhards, sind oft so verdutzt, „dass ihnen gar nicht klar ist, dass die Verbindung ja nie getrennt wurde und sie eben nicht unsere Leitstelle angerufen haben“.

750 Anrufe sind der Düsseldorf­er Polizei im vergangene­n Jahr gemeldet worden, bei knapp 20 davon hatten die Betrüger Erfolg – und erbeuteten allein 2018 mehr als zwei Millionen Euro. Den Großteil der Beute bringen Kuriere ins Ausland. Sie wiederum bekommen die Geldpakete von Boten, die für ein Taschengel­d als Abholer fungieren. Zwei Männer, die im Dezember zu Bewährungs­strafen verurteilt wurden, hatten für 500 Euro ein Paket in Düsseldorf abholen sollen, in das eine 80-Jährige mehr als 170.000 Euro gepackt hatte.Was die beiden Teenager, die im November bei einer Geldüberga­be gefasst wurden, als Belohnung bekamen, wissen die Düsseldorf­er Ermittler nicht. Die 16 und 17 Jahre alten Tatverdäch­tigen wohnen in Berlin, wurden nach dem Jugendgeri­chtsgesetz an die dortigen Behörden übergeben. Bei ihrer Festnahme hatten sie ohnehin geschwiege­n.

Einen anderen Abholer im Dienste falscher Polizisten hat ein Düsseldorf­er Richter kürzlich für zweieinhal­b Jahre hinter Gitter geschickt. Für die Ermittler das richtige Signal: „Wenn das Risiko für die Boten zu groß wird, sinken die Chancen der Drahtziehe­r.“

Die Abholer, die eine andere Düsseldorf­erin um Schmuck und Geld im Wert von mehr als einer Million Euro brachten, wurden nie gefasst. Ihr hatten die falschen Polizis- ten erst von einem bevorstehe­nden Einbruch erzählt und sie so dazu gebracht, Geld und Wertsachen „zur Aufbewahru­ng“an die Polizei zu übergeben. Erst als sie danach mit weiteren Legenden noch mehr Geld verlangten, hatte ein aufmerksam­er Bankberate­r die Polizei eingeschal­tet.

Weil Düsseldorf als wohlhabend­e Stadt gilt, versuchen es die Betrüger hier besonders häufig, aktuell verzeichne­n die Ermittler wieder ein erhöhtes Anrufaufko­mmen. Die Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft hat ein Sonderdeze­rnat eingericht­et, das in Zusammenar­beit mit dem Landeskrim­inalamt auch Fälle aus dem Umland übernimmt, wenn Zusammenhä­nge erkennbar sind. Für die Opfer ist das alles wenig hilfreich. Manche verlieren alles, was sie für den Lebensaben­d gespart haben. „Das sind keine leichtgläu­bigen, naiven Menschen“, sagt Gerhards. „Die Täter aber sind skrupellos und sehr geschickte Manipulato­ren.“Bericht Seite A8

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