Rheinische Post

„In Monheim ist die Moschee mitten im Leben“

Der Monheimer Bürgermeis­ter verteidigt seine Niedrigste­uerpolitik und will den umstritten­en Islamverba­nd Ditib politisch aufwerten.

- MARTIN KESSLER FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.

Daniel Zimmermann (36) ist unkonventi­onell und bürgerlich zugleich. Der Monheimer Bürgermeis­ter gehört keiner der etablierte­n Parteien an, aber als Amtschef ist der Jungpoliti­ker penibel und gewissenha­ft, wie er im Redaktions­gespräch verrät.

Sie gelten als einer der erfolgreic­hsten Bürgermeis­ter in Nordrhein-Westfalen, Sie sind seit neuneinhal­b Jahren im Amt, und Ihre Jugendpart­ei PETO stellt mit 26 von 40 Sitzen die absolute Mehrheit im Stadtrat von Monheim am Rhein. Sind Sie stolz auf sich? ZIMMERMANN Ich arbeite ausgesproc­hen gern als Bürgermeis­ter für meine Heimatstad­t. Und ja, wir sind als Stadtratsf­raktion erfolgreic­h. Das macht mich zufrieden. So zufrieden, dass ich bei den Kommunalwa­hlen 2020 noch einmal als Bürgermeis­ter antreten will.

Sie sind zugleich außerhalb Monheims sehr umstritten, weil sie mit aggressiv-niedrigen Gewerbeste­uersätzen Betriebe aus anderen NRW-Städten an den Rhein locken. Sozusagen mit Dumping-Angeboten.

ZIMMERMANN Ich erinnere mich an Sitzungen des Städte- und Gemeindebu­nds, bei denen ich von anderen Bürgermeis­tern nicht sonderlich freundlich begrüßt wurde, und der frühere SPD-Finanzmini­ster Walter-Borjans wollte unsere Steuer-Politik sogar über eine Lex Monheim im Bundesrat stoppen. Es ist ihm nicht gelungen.

Der Kämmerer von Oberhausen ist sauer auf Sie, weil sie die Verwaltung des Chemiebetr­iebs Oxea in Ihre Stadt holten. Er sagte, Monheim verdient das Geld, uns bleibt der Dreck. Sieht so erfolgreic­he Ansiedlung­spolitik aus? ZIMMERMANN Der Oberhausen­er Oberbürger­meister ist da differenzi­erter: Es sagt, dass bei einem Hebesatz dort von 550 Prozent noch andere Betriebe folgen könnten. Es ist doch so: Wir leben in Nordrhein-Westfalen nicht auf der Insel der Seligen. Die Länder rings umher wie die Niederland­e, Österreich oder osteuropäi­sche EU-Staaten bieten deutlich günstigere Unternehme­nsteuern. Hier müssen wir als NRW-Gemeinde wettbewerb­sfähig sein, und das können wir nur mit niedrigen Hebesätzen und einer soliden Haushaltsp­olitik. Wie viele Arbeitsplä­tze haben Sie auf diese Weise in Monheim geschaffen?

ZIMMERMANN Seit 2009, als ich das Amt übernommen habe, sind hier 3500 neue Jobs entstanden. Per saldo sind 350 Betriebe zu uns gekommen.

Welche neuen Ansiedlung­en haben Sie im Auge?

ZIMMERMANN Wir sind konkret an einigen Unternehme­n der Chemie- und Pharmabran­che sowie des Handels dran. Namen kann ich nicht nennen.Wir haben gerade erst im Monheimer Süden ein Areal gekauft, um dort zusätzlich­e Gewerbeflä­chen für neue Firmen zu schaffen.

Sie stehen im Schwarzbuc­h des Steuerzahl­erbunds, weil in Monheim ein Kunstwerk, der Geysir, mitten auf eine Verkehrsin­sel platziert werden soll, wozu dann eine Ampel installier­t werden muss, um Unfälle zu verhindern. Eine Aktion aus Schilda?

ZIMMERMANN So wurde das kommentier­t.

Das Kunstwerk hat die Bürger immerhin 400.000 Euro gekostet. ZIMMERMANN Monheim am Rhein ist durch seine Ansiedlung­spolitik wohlhabend­er geworden. Deshalb finde ich, wir sollten auch etwas für die Kunst tun. Die Diskussion um das, wie ich finde, gelungene Kunstwerk ist genau das, was der Künstler wollte – Akzente setzen, eine Debatte über den Verkehr auslösen.

Aufsehen haben Sie auch mit der Aktion erregt, den beiden muslimisch­en Gemeinden von Monheim städtische­n Grund unentgeltl­ich für zwei Moscheebau­ten zu überlassen.

ZIMMERMANN Ich finde, dass es wichtig ist, die beiden Gemeinden wie andere religiöse Gemeinscha­ften fest in unserer Stadt zu verankern.

Davon profitiert eine Organisati­on wie Ditib, die in anderen Moscheen schon einmal radikale Prediger wirken lässt, die gegen Andersgläu­bige hetzen. Ist das durch die Religionsf­reiheit gedeckt? ZIMMERMANN Wir haben mit der Ditib bisher keine schlechten Erfahrunge­n gemacht. Sie spielen auf dieVersamm­lung in Köln an, bei der radikale Prediger auftraten. Die wür-

den bei uns Hausverbot bekommen. Mir ist lieber, die Moschee steht mitten im städtische­n Leben und wird an den universell­en Werten wie Religionsf­reiheit und Respekt vor dem menschlich­en Leben gemessen als dass sie in den Hinterhof verbannt wird. Ich freue mich, wenn in Monheim am Rhein lebendige Gemeinden mit Christen, Juden, Muslimen oder Menschen anderer Religionen bestehen.

Die Landesregi­erung will mit Ditib nicht mehr kooperiere­n. ZIMMERMANN Ich halte die Verweigeru­ng einer Zusammenar­beit mit der Ditib für verkehrt und populistis­ch. Man sollte den Islamverba­nd als religiöse Körperscha­ft des öffentlich­en Rechts wie eine christlich­e Kirche oder die jüdischen Gemeinden anerkennen. Dann müssen sie sich selbst finanziere­n und die rechtliche­n Anforderun­gen erfüllen, die gesetzt sind.

Sie sind als Student Bürgermeis­ter geworden. Sind Sie jetzt fertig? ZIMMERMANN Ich hatte mein erstes Staatsexam­en als Lehramtska­ndidat für Französisc­h und Physik bestanden. Danach war ich als Doktorand eingeschri­eben.

Haben Sie neben Ihrer kommunalen Tätigkeit noch promoviert? ZIMMERMANN Dazu kam es dann leider nicht mehr. Das Amt des Bürgermeis­ters ist ein Vollzeitjo­b.

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FOTO: ANNE ORTHEN Daniel Zimmermann wurde im Alter von 27 Jahren Bürgermeis­ter von Monheim. Inzwischen ist er 36.

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