Der Mann, der Fortuna Beine macht
DÜSSELDORF Wenn die Spieler von Fortuna Düsseldorf nach einer Trainingseinheit bereits auf demWeg in die Dusche sind, läuft Robin Sanders noch über den Trainingsplatz. Der 32-Jährige sammelt seine technischen Gerätschaften zusammen. Besonders die großen Empfänger der GPS- und Herzfrequenzdaten, die nach reichlich Science-Fiction aussehen, machen Eindruck. Es wird erneut deutlich: Der Profifußball hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Auf und neben dem Platz. Robin Sanders nimmt eine Position ein, an die vor 20 Jahren noch keiner gedacht hat: Er ist Athletikcoach. Und gerade in einer englischen Woche mit dem Pokal-Achtelfinale beim FC Schalke 04 (Mittwoch, 20.45 Uhr) kommt es auf die richtige Belastungssteuerung an.
Als Funkel um die Jahrtausendwende den MSV Duisburg trainierte, war er alleiniger Chef und entschied nur nach Gefühl. Das Trainer-Urgestein weiß aber, dass das nicht mehr zeitgemäß ist und lobt seinen Staff bei jeder Gelegenheit.„Training ohne Ball war damals nur auf Ausdauer ausgelegt. Das hat sich stark verändert“, sagt Sanders, der den Job bei Fortuna im Sommer 2017 von Vorgänger Florian Klausner übernahm.
Der größte Unterschied zu früheren Zeiten sei, dass das Training immer individueller auf die Spieler zugeschnitten wird. „Man kann dafür sorgen, dass Überbelastungen gar nicht entstehen. Wenn Spieler von ihren normalen Mustern abweichen, spreche ich sofort mit dem Trainer“, erläutert Sanders. Nach jeder Einheit wertet er die Daten aus.
Die Fortuna-Profis tragen während der Übungen je einen Herzfrequenzgurt über der Brust und einen GPS-Sender zwischen den Schulterblättern. „Es gibt einen Berg an Daten. Man muss dann die wirklich relevanten Zahlen herausfiltern“, beschreibt Sanders seinen Hauptjob. „Was aber häufig unter den Tisch fällt: Die Daten beschreiben nur, was auf dem Platz passiert. Der Trainer sieht mit seiner Erfahrung schon so viel. Sein System ist das Auge. Die Daten sind nur dazu da, die Eindrücke zu untermauern oder zu widerlegen. Das letztere kommt aber sehr selten vor.“Für Sanders kommt es bei der Auswertung dann auf die richtige Mischung aus Daten und Gefühl an. Nach dem Austausch wird im Trainerteam schließlich entschieden, welche Spieler mehr oder weniger machen müssen.
Ziel ist es vor allem auch, Muskelverletzungen zu vermeiden. Dazu tragen die Aufwärmübungen und die Trainingseinheiten aber nur einen Teil bei. „Schlaflänge, Schlafqualität, Ernährung – das sind alles große Faktoren, die einen Einfluss auf Muskelverletzungen haben“, sagt Sanders. „Die können wir nicht zu 100 Prozent überwachen. Und wir wollen einem Spieler auch gar nicht alles vorschreiben. Er hat ja auch noch ein Privatleben.“
Die totale Überwachung wird dennoch zunehmen – zumindest wenn man Sanders’ Zukunftsszenario Glauben schenkt: „Die Forschung ist dabei, klare Belastungsmarker zu finden.Wir kennen bisher nur die Daten über GPS, aber was wirklich in der Blutbahn passiert, können wir noch nicht verifizieren. Es wird irgendwann implantierte Chips im Körper geben, die zeigen, was wirklich im Körper passiert. Daraus wird sich eine noch bessere Belastungssteuerung ergeben.“