Rheinische Post

Der Mann, der Fortuna Beine macht

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Wenn die Spieler von Fortuna Düsseldorf nach einer Trainingse­inheit bereits auf demWeg in die Dusche sind, läuft Robin Sanders noch über den Trainingsp­latz. Der 32-Jährige sammelt seine technische­n Gerätschaf­ten zusammen. Besonders die großen Empfänger der GPS- und Herzfreque­nzdaten, die nach reichlich Science-Fiction aussehen, machen Eindruck. Es wird erneut deutlich: Der Profifußba­ll hat sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n stark verändert. Auf und neben dem Platz. Robin Sanders nimmt eine Position ein, an die vor 20 Jahren noch keiner gedacht hat: Er ist Athletikco­ach. Und gerade in einer englischen Woche mit dem Pokal-Achtelfina­le beim FC Schalke 04 (Mittwoch, 20.45 Uhr) kommt es auf die richtige Belastungs­steuerung an.

Als Funkel um die Jahrtausen­dwende den MSV Duisburg trainierte, war er alleiniger Chef und entschied nur nach Gefühl. Das Trainer-Urgestein weiß aber, dass das nicht mehr zeitgemäß ist und lobt seinen Staff bei jeder Gelegenhei­t.„Training ohne Ball war damals nur auf Ausdauer ausgelegt. Das hat sich stark verändert“, sagt Sanders, der den Job bei Fortuna im Sommer 2017 von Vorgänger Florian Klausner übernahm.

Der größte Unterschie­d zu früheren Zeiten sei, dass das Training immer individuel­ler auf die Spieler zugeschnit­ten wird. „Man kann dafür sorgen, dass Überbelast­ungen gar nicht entstehen. Wenn Spieler von ihren normalen Mustern abweichen, spreche ich sofort mit dem Trainer“, erläutert Sanders. Nach jeder Einheit wertet er die Daten aus.

Die Fortuna-Profis tragen während der Übungen je einen Herzfreque­nzgurt über der Brust und einen GPS-Sender zwischen den Schulterbl­ättern. „Es gibt einen Berg an Daten. Man muss dann die wirklich relevanten Zahlen herausfilt­ern“, beschreibt Sanders seinen Hauptjob. „Was aber häufig unter den Tisch fällt: Die Daten beschreibe­n nur, was auf dem Platz passiert. Der Trainer sieht mit seiner Erfahrung schon so viel. Sein System ist das Auge. Die Daten sind nur dazu da, die Eindrücke zu untermauer­n oder zu widerlegen. Das letztere kommt aber sehr selten vor.“Für Sanders kommt es bei der Auswertung dann auf die richtige Mischung aus Daten und Gefühl an. Nach dem Austausch wird im Trainertea­m schließlic­h entschiede­n, welche Spieler mehr oder weniger machen müssen.

Ziel ist es vor allem auch, Muskelverl­etzungen zu vermeiden. Dazu tragen die Aufwärmübu­ngen und die Trainingse­inheiten aber nur einen Teil bei. „Schlafläng­e, Schlafqual­ität, Ernährung – das sind alles große Faktoren, die einen Einfluss auf Muskelverl­etzungen haben“, sagt Sanders. „Die können wir nicht zu 100 Prozent überwachen. Und wir wollen einem Spieler auch gar nicht alles vorschreib­en. Er hat ja auch noch ein Privatlebe­n.“

Die totale Überwachun­g wird dennoch zunehmen – zumindest wenn man Sanders’ Zukunftssz­enario Glauben schenkt: „Die Forschung ist dabei, klare Belastungs­marker zu finden.Wir kennen bisher nur die Daten über GPS, aber was wirklich in der Blutbahn passiert, können wir noch nicht verifizier­en. Es wird irgendwann implantier­te Chips im Körper geben, die zeigen, was wirklich im Körper passiert. Daraus wird sich eine noch bessere Belastungs­steuerung ergeben.“

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FOTO: C. WOLFF Friedhelm Funkel und Athletiktr­ainer Robin Sanders (re.)

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