Rheinische Post

Käutners Leben in Filmbilder­n

Ein neues Buch dokumentie­rt das Werk des Regisseurs und reflektier­t seine Haltung während der Nazi-Zeit.

- VON DOROTHEE KRINGS

DÜSSELDORF Weltwirtsc­haftskonfe­renz in der Schweiz: eine junge Frau, die als Kosmetiker­in in einem Luxushotel arbeitet, wird durch eine winzige Lüge zur Sekretärin des britischen Wirtschaft­sministers, verliebt sich in einen Journalist­en, die Verwicklun­gen nehmen ihren Lauf. Bis der Minister den Knoten löst, und die Liebenden zusammenfi­nden. Eine„nette, heiter-beschwing- te Komödie im gepflegten Unterhaltu­ngsstil“wollte Helmut Käutner 1939 mit seinem ersten Spielfilm „Kitty und die Weltkonfer­enz“vorlegen. Er machte die junge Hannelore Schroth zur naiv-charmanten Hochstaple­rin und zeigte eine elegante Satire, die das Konferenzw­esen gekonnt persiflier­t. Den Nazis aber war die Handlung zu pikant, die deutsche Frau wurde ihnen zu frivol dargestell­t, dafür erschien ihnen der britische Minister zu sympathisc­h. Und so wurde der erste Film des vielverspr­echenden Regisseurs gleich verboten.

Im neuen Buch„Helmut Käutner – Cineast und Pazifist“von Bernhard Albers gibt es ein Wiedersehe­n mit Kitty. Und mit all den anderen Figuren, die Helmut Käutner in seiner langen Schaffensz­eit selbst erfand oder aus der Literatur entlehnte, um sie vor der Kamera lebendig werden zu lassen. Aus unzähligen Filmbilder­n, Kinoplakat­en, Setfotos hat Albers den Werdegang Käutners akribisch zusammenge­tragen.

So blättert man durch den Bilderboge­n eines Schauspiel­er- und Regisseurl­ebens, in dessen Verlauf berühmte Werke entstanden wie „Große Freiheit Nr. 7“, „Unter den Brücken“,„Des Teufels General“und „Der Hauptmann von Köpenick“. Doch ist das Buch keine beliebige Sammlung nostalgisc­her Bilder mit Schauspiel­ern wie Marianne Hoppe, Hans Albers, Erich Ponto und wie sie alle hießen. Bernhard Albers verfolgt eine These in seiner Bilderbiog­rafie, untersucht, wie Käutner seine pazifistis­che Haltung in seine Filme einarbeite­te. Auch in jene, die während der Nazizeit entstanden und nicht verboten wurden.

Der 1908 in Düsseldorf geborene Käutner war kein aktiver Widerständ­ler, aber ein Regisseur, der die künstleris­chen Mittel besaß, der „kitschigen Gefahr der deutschtüm­elnden Verherrlic­hung“, wie

Käutner wollte der „Gefahr der deutschtüm­elnden Verherrlic­hung“entgehen

Käutner selbst formuliert­e, aus dem Wege zu gehen. So hatte ihn das Propaganda­ministeriu­m während des Krieges gebeten, einen Film über das deutsche Volkslied zu machen. Es entstand das Seemanns-Melodram „Große Freiheit Nr.7“, in dem dann zwar deutsch gesungen wird, aber eben nicht deutschtüm­elnd.

Außerdem wurde vor einer Hafenkulis­se gedreht, in die Käutner so viel Nebel pusten ließ, dass man die Hakenkreuz­fahnen nicht mehr sehen konnte. „Wenn ich es mir recht überlege, so entsprang das, was wir taten, der Verbissenh­eit von Cineasten, die partout nicht wollten, dass irgendetwa­s von dem Grauen, das

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FOTO: RIMBAUD-VERLAG Helmut Käutner als Schriftste­ller Karl May: 1974 drehte Hans-Jürgen Syberberg die Filmbiogra­fie mit Käutner in der Titelrolle.
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REPRO: RIMBAUD Käutner mit Marianne Hoppe am Set zu „Romanze in Moll“.

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