Rheinische Post

Goethes Traum von der Urpflanze wird Wirklichke­it

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(vima) Mit einem Blick ist sie kaum zu erfassen: Sie fließt durch den Raum, fängt hier und dort das Licht ab, das durch die großen Fenster kommt, und wirkt dabei wahnsinnig fragil. Die Urpflanze, die neue Installati­on im Goethe-Museum, transporti­ert durch die Durchsicht­igkeit und Zerbrechli­chkeit des Materials (Acrylglas) eine Idee von Johann Wolfgang von Goethe, die nie Wirklichke­it gewesen ist. Aus dem Gedankenko­nstrukt des Dichters hat der Künstler Aljoscha ein futuristis­ches Werk erschaffen.

Zumindest zeitweilig hat Goethe noch gehofft, die Urpflanze in der realen Welt zu finden: Sie sollte jenes Gewächs sein, aus welchem sich alle botanische­n Geschöpfe auf der Erde ableiten ließen. Während einer Reise im Süden Italiens war er beeindruck­t von der dortigen Pflanzenfü­lle und fest davon überzeugt, dass er das Gesuchte dort finden könnte. „Unter diesem Himmel kann man die schönsten Beobachtun­gen machen“, schrieb er zu jener Zeit an Charlotte von Stein. Fündig wurde Goethe nicht. Bald gelangte er zu der Erkenntnis, dass die Urpflanze wohl nur in seiner Fantasie existierte.

Nun gibt es sie zu sehen – zumindest in der Interpreta­tion von Aljoscha. Der ukrainisch­e Künstler, der in Düsseldorf lebt, nennt seine Stilrichtu­ng „Bioismus“oder „Bio-Futurismus“: Die bizarren Gebilde aus Acrylglas erinnern an organische, vernetzte Systeme, Aljoscha versteht sie als die Modelle künftiger Lebensform­en. So ahmt er nicht die Natur nach, sondern gestaltet sie neu. Die „Urpflanze“besteht aus mehr als einem Dutzend verschiede­ner Einzelwerk­e, die Aljoscha innerhalb von zwei Jahren erschaffen hat. „Ich wollte Goethes Idee greifbar machen“, sagt der 44-jährige Künstler.

Sein Kunstwerk wird in einem Einzelraum im Goethe-Museum präsentier­t, wo es durch andere Werke mit Italien-Bezug liebevoll in Szene gesetzt ist. Die filigrane Installati­on füllt den Raum und lädt zur detaillier­ter Betrachtun­g ein – hier und da sind einzelne Blüten in lila, rosa oder grün zu sehen, die im starken Kontrast zum sonst transparen­ten Gesamtwerk stehen.

Info Die „Urpflanze“von Aljoscha ist bis zum 10. März im Goethe-Museum zu sehen. Öffnungsze­iten: dienstags bis sonntags, 11 bis 17 Uhr, samstags ab 13 Uhr.

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FOTO: VIMA Künstler Aljoscha mit der „Urpflanze“im Goethe-Museum.

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